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24.04.2023
Es lebe die Hässlichkeit

Eigentlich gucke ich ganz gerne in den Spiegel. Na ja, auf ein paar Falten könnte ich verzichten. Und irgendwie ist mein Gesicht ziemlich rund. Ist halt so, kann man nichts machen. Doch, kann man. Meine Tochter hat mir auf dem Smartphone gezeigt, wie ich mein Aussehen optimieren kann. Filter drauf und bearbeiten. Sah nicht schlecht aus, was sie aus mir gemacht hat. Aber eigentlich finde ich diese Schummelei ziemlich blöde.

Das sehen andere Leute offenbar anders. Makellos, ohne Ecken und Kanten, das sind Maßstäbe, die mir an vielen Stellen begegnen. Noch bizarrer finde das sogenannte Bodyshaming. Menschen, die nicht den Schönheitsmaßen anderer entsprechen, werden im Internet beschimpft und beschämt.

Dagegen setzt ein kleiner Ort in Italien einen ganz anderen Trend. In Piobbico wird die Hässlichkeit gefeiert. In dem 2000-Seelen-Dorf gibt es einen Club der Hässlichen. Und jedes Jahr wird bei einem großen Festival der neue Vorsitz gewählt und der hässlichste Mensch Italiens gekürt. Klingt erstmal ziemlich verstörend. Die Hässlichkeit feiern. Doch die Menschen in Piobicco tun dies mit großer Fröhlichkeit.

Wir sind für alle da, die wegen ihres Aussehens beleidigt und benachteiligt werden – das ist das Credo des Clubs. Und – die Menschen wehren sich damit gegen den Schönheitskult. Jeder Mensch ist wertvoll, sagen sie, für uns zählen seine inneren Werte.

Mir gefällt das richtig gut.

Einen guten Tag wünsche ich und einen fröhlichen Blick in den Spiegel! Cornelia Biesecke aus Eisenach, evangelische Kirche.


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