02.08.2024
Gegen den Hass
Sie ist eine sehr kleine Frau, wirkt fast zerbrechlich. Doch ihre Stimme ist klar und fest. Ich sehe sie in den Fernsehnachrichten. Wanda heißt sie. Sie hat eine Botschaft für die Menschen: „Ich möchte, dass wir Freunde sind. Aus Freundschaft entsteht Gutes und Sinnvolles. Aus Hass entsteht Krieg.“
Wanda ist Polin und 97 Jahre alt. Sie nimmt an der Gedenkfeier des Warschauer Aufstandes von 1944 teil, dessen Beginn sich zum 80. Mal jährt. Wanda war als Jugendliche dabei, als die polnische Heimatarmee sich gegen die deutschen Besatzer zur Wehr setzte. Die Nazis schlugen den Aufstand brutal nieder. Zweihunderttausend Polen wurden getötet. „Wir mussten kämpfen,“ sagt Wanda, „schon um die Erinnerung an die Freiheit wach zu halten.“
80 Jahre später nun stützt sie sich auf ihren Rollator. Unser Bundespräsident steht neben ihr. Die Kameras halten auf beide. Wanda ruft den Menschen ihre Botschaft zu. Keinen Hass mehr! Obwohl die Nazis ihr und ihren Landsleuten so viel Leid zugefügt haben, was sie bis heute prägt. Was für menschliche Größe! Ich kriege Gänsehaut.
Ach, wenn doch ihre Botschaft auch im Nahen Osten gehört würde. Hass, Vergeltung, Rache, Krieg. Solche Worte fliegen mir um die Ohren und machen mir Angst. Wie mag es erst denen gehen, die direkt betroffen sind!? Auch dort sehnen sich Menschen nach Frieden! Doch die Lage wirkt aussichtslos. Dennoch bete ich: Gott, lass sie die Bilder von Wanda sehen. Und ihre Worte hören. Und die Sehnsucht möge wachsen nach dem Guten und Sinnvollen.
Cornelia Biesecke, Eisenach, ev. Kirche