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04.01.2024
Ich liebe doch alle Menschen

Die Mauer ist gefallen, das Regime hat seinen Schrecken verloren. November 1989. Zum ersten Mal in seiner Laufbahn tritt Erich Mielke vor die Volkskammer der DDR. Die Anwesenden erleben einen Greis, der die Welt offensichtlich nicht versteht. Mehr stammelnd als redend versucht er sich zu rechtfertigen. Mehrfach wird er unterbrochen und aus dem Konzept gebracht. Er solle nicht alle mit „Genossen“ anreden, ruft einer, sie wären nicht alle Genossen. Und der Greis weiß sich nicht mehr zu helfen, er spricht seine berühmten Worte, die letzten, mit denen er im Gedächtnis bleibt: „Ich liebe ... ich liebe doch alle, alle Menschen ...“ Der Rest ist Spott und Gelächter. Die Stasi als Liebesbotschaft? Absurd. Für mich ist Mielke eine Warnung. Denn ein wahrer Kern steckt darin: Die Sache mit der Liebe kann man ganz schön vermasseln. Dass ich mich gar auf die Bibel berufe: „Alles, was ihr tut, das geschehe in Liebe.“ Und meine angebliche Liebe macht Leute klein, statt groß. Macht sie unfrei, statt zu beflügeln. Wer liebt, muss sich selbst verletzlich machen. Statt andere zu verletzen. „Alles, was ihr tut, das geschehe in Liebe“ – die Kirche will diesen Spruch in den Mittelpunkt stellen in diesem Jahr. Er soll die Jahreslosung sein. Ich finde, ein guter Anlass sich selbst zu beobachten! Im Wissen, wer liebt, kann scheitern, wer nicht liebt, ist schon gescheitert. Wer liebt, kann neu anfangen. Und Liebe lässt sich neu lernen. Das weiß Gregor Heidbrink, evangelisch aus Apolda


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