12.03.2023
Im Westen nichts neues
Bei diversen Festivals und Preisverleihungen hat er schon abgeräumt: „Im Westen nichts Neues“. Ein deutscher Beitrag im Oscarrennen, neunfach nominiert. Das ist historisch, eine Sensation. Heute Abend hat das Warten ein Ende, heute werden die Oscars verliehen. Wobei, der Film selbst ist Warten.
Das Warten auf das banale Ende, wenn der „Held“ sinnlos erschossen wird. Was für ein Held überhaupt. Und dann heißt es im Heeresbericht nur, im Westen ist nichts Neues zu vermelden. Meine Frage ist: Hat der Krieg die Menschen nicht schon vorher vernichtet? Krieg vernichtet seelisch in Befehl und Gehorsam, in Notwendigkeiten und Rechtfertigungen und Horror und Gewalt. Und das tut er weiter, nicht weit von hier, nur zweimal tanken, dann wäre man dort. Auch wer sein Leben davonträgt, auch wem es gelingt, sich aus allen rauszuhalten, auch nach denen greift der Krieg. Und die Seelen nehmen Schaden.
Man scrollt morgens durch die Nachrichten: Der tägliche Heeresbericht. Wie viele Russen sind es heute? Bloß 500? Scheinbar ruhiger Tag. Drohnenbilder werden auf Youtube musikalisch unterlegt. Menschen explodieren real. Und es fühlt sich trotzdem unwirklich an, wie Kino.
Was haben wir mit unseren Seelen gemacht?
Gegen das Abstumpfen hilft: tätig werden. Ein Beispiel:
Es wird Zeit, denke ich mir, dass wir russische Deserteure bei uns genauso freundlich begrüßen, wie ukrainische Flüchtlinge. Denn das Gewehr wegschmeißen und rennen, das ist die einzige Art, wie sie zu Helden werden können. Helden können wir hier nie genug haben.
Gregor Heidbrink, evangelisch aus Apolda