24.09.2022
Nagelkreuz-Sonntag
Der hölzerne Dachstuhl der Kathedrale in Coventry in England wurde von langen Nägeln zusammengehalten. Am 14. November 1940 ging die Kirche in Flammen auf. Die deutsche Luftwaffe hatte die Stadt in Schutt und Asche gelegt. Der Pfarrer hat beim Aufräumen drei große handgeschmiedete Nägel aus den Trümmern geholt. Er hat daraus ein Kreuz gemacht. Und mit einem verkohlten Stück Holz hat jemand an eine Wand der Kirchenruine geschrieben: Vater vergib. Der Pfarrer hat öffentlich zur Versöhnung aufgerufen, mitten im Krieg.
Das klingt so locker und leicht: Eijaja, versöhnt euch mal wieder. Als hätten sich zwei Kinder gekabbelt. Damals sind 550 Menschen gestorben. Die Deutschen wurden gehasst für ihre Gräuel, was ich gut verstehen kann. Und da stellt sich einer hin und spricht über Versöhnung. Was für ein Phantast, was für eine sture Hoffnung. Was für ein Glaube – an das Menschliche zu rühren, trotz alledem. Aber was denn sonst, was sonst?
Die Leute in Coventry haben weitere Nagelkreuze geschmiedet. 1947, zwei Jahre nach Ende des Krieges, kam das erste nach Deutschland, nach Kiel. Heute gibt es viele Nagelkreuzzentren, auch in Erfurt, Eisenach und Weimar. In der Ukraine gibt es ein Nagelkreuzzentrum, in Odessa, in Russland gibt es mehrere. Morgen feiern sie in all diesen Zentren Gottesdienst. Es wird gebetet für Versöhnung. Ein Gebet kann ein Anfang sein.
Ein gutes Wochenende wünscht Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.