31.08.2018
So kräftig wie die Stille
Kann man sich eigentlich rettende Worte allein sagen?
Nein. Meist jedenfalls muss das jemand anderes tun. Er muss sich vor uns hinstellen und sagen: Entspann dich. Diese Suppe wird nicht so heiß gegessen, wie sie gekocht wird.
Und: Besinn dich auf deine Stärken!
Da denkst Du nach.
Stille.
Und das ist es. Es ist die Stille.
Stell dir vor. Diese kleine große Macht.
Wie wäre es, wenn sie käme.
Stell dir vor, mit dir hält dein ganzes Volk jetzt einmal kurz stille. Es hält die Maschinen an, die Autos fahren an den Straßenrand, die Kassiererin zieht noch das eine Dings über den Piepser, dann lässt sie die Arme sinken. Die Lehrer hören eben mal auf, die Kinder hören plötzlich zu.
Stell dir vor, die Demonstranten bleiben stehen und lassen ihre Transparente sinken.
Und halten einfach mal kurz den Mund.
Alles Laute ebbt ab.
Weil da etwas in der Luft liegt. Und alle merken es. Etwas Feines, etwas Flirrendes. Etwas wie ein Frühling.
Und dieses Feine wird langsam groß.
Und alle horchen auf. Die Tätowierten suchen es am Himmel. Auch die Kinder schauen aus dem Fenster. Die Reinmachfrau öffnet die Haustür und schaut auf die Straße. Die Cellistin hört bereits einen Ton.
Deine Stärke ist in der Stille.
In ihr wohnt Gott.
Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche