29.11.2024
Stern aus Kindertagen
Heute holt Walter wieder den alten Stern vom Dachboden.
Wie jedes Jahr am Freitag vor dem 1. Advent.
Am Nachmittag kommt sein Enkel Karl.
Dann wollen sie gemeinsam den alten Herrnhuter Stern zusammenbauen,
damit er am 1. Advent leuchten kann.
So hatte es Walter schon mit seinem Großvater getan.
Der alte Stern könnte davon die eine oder andere Geschichte erzählen.
Von behüteten Kindertagen in Schlesien und sorgenvollen Kriegstagen.
Von der Vertreibung und dem Neuanfang in der Fremde.
Damals wie heute war der Stern dabei.
Notdürftig, aber liebevoll ist der Stern bereits an einigen Stellen geflickt.
Hier und da ein kleines Loch.
Die Montageklammern sind schon recht ausgeleiert.
Rot und gelb ist der Herrnhuter Stern.
Auch wenn es den Stern inzwischen in unzähligen Farben gibt,
für Walter gibt es nur diese eine Kombination.
Rot und gelb,
weil das so wunderbar warm leuchtet,
wenn es draußen kalt ist.
Jetzt erzählt Walter seinem Enkel von früher.
Mit großer Sorgfalt stecken sie den Stern zusammen.
Erst eine viereckige Spitze, dann eine dreieckige.
Es braucht Geduld und Fingerspitzengefühl.
Advent hat mit Vorbereitung und Geduld zu tun.
Und mit dem Licht in der Finsternis.
Je dunkler die Finsternis, umso heller das Licht.
Vielleicht haben wir den Advent schon lange nicht mehr so sehr gebraucht wie in diesem Jahr, denkt Walter.
Der Stern hat schon so manche Finsternis erhellt.
Jetzt schaltet der kleine Karl das Licht ein.
Warm erstrahlt der Stern im Fenster.
Und erzählt denen, die in der Dunkelheit stehen:
„Fürchtet euch nicht!“
Ramón Seliger, Diakonie, Weimar.