25.11.2024
Weiße Schleife
Karsten trägt heute eine weiße Schleife am Sakko.
das zu bedeuten hat, wollen die Kollegen am Morgen im Büro von ihm wissen.
Es geht um Gewalt gegen Frauen.
Heute, am 25. November, ist der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen.
Daran erinnert die weiße Schleife.
Sie erinnert daran, dass solche Gewalt auch in unserem Land an der Tagesordnung ist.
Jede dritte Frau in Deutschland ist unmittelbar von sexueller und/oder körperlicher Gewalt betroffen.
25 Prozent der Frauen erleben körperliche und/oder sexuelle Gewalt in ihrer Partnerschaft.
Sogar zweidrittel aller Frauen haben sexuelle Belästigung schon einmal oder mehrfach erlebt.
Die Gewalt gegen Frauen ist konkret, und sie ist alarmierend.
Die weiße Schleife versucht, das Thema bewusst zu machen.
Es braucht Hilfe, und es braucht Strukturen.
Noch immer gibt es viel zu wenige Plätze in Frauenhäusern.
Noch immer gibt es bürokratische Hürden,
scheitern Aufnahmen daran, dass betroffene Frauen etwa in einem Landkreis nicht gemeldet sind.
Hier braucht es klare Kante und offene Augen für das Thema.
Karsten ist mutig.
Er stellt sich seiner Vergangenheit.
Es ist kaum zehn Jahre her, da hat er selbst zugeschlagen.
Seine Freundin hat ihn angezeigt.
Heute weiß er,
dass die Gewalt Ausdruck seiner eigenen Hilflosigkeit und Überforderung war.
In einer Therapie hat er seitdem an sich gearbeitet.
Er setzt sich ein, mit einer klaren Botschaft:
Das Thema Gewalt gegen Frauen ist mitten unter uns.
Es hilft nichts, die Augen davor zu verschließen.
Heute trägt Karsten die weiße Schleife am Sakko und spricht in Selbsthilfegruppen über seine Fehler und Erfahrungen.
Es gibt noch viel zu tun.
Es beginnt mit dem Hinsehen und der Einsicht:
Wir haben da ein Problem!
Findet Pfarrer Ramón Seliger, Diakonie, Weimar.