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28.10.2024
Wir waren auf Montage

Am 9. Oktober hat die Tagesschau über die Feiern zum 35. Jahrestag der großen Demonstration in Leipzig berichtet. Es war ein für die friedliche Revolution denkwürdiger Tag. Der Tagesschau-Sprecher sagte: Diese Demo, und jetzt kommt’s: „gilt als Wendepunkt auf dem Weg zum Fall der Mauer“. Da ist die Mauer gefallen, aber nicht der Groschen. An den Montagen damals waren überall im Land Friedensgebete, die Menschen zogen in die Kirchen und von da aus auf die Straßen und Plätze. Aber wir waren nicht in Richtung Westen unterwegs, sondern ins Landesinnere. Was die Tagesschau berichtet, klingt, als sei der Mauerfall das Ziel der Aufbrüche gewesen. Aber es war nicht das Ziel, sondern ein Ergebnis.

Viele sind nach dem Mauerfall noch abgehauen. Sie wollten das Land hinter sich lassen. Die dablieben, wollten es sich vornehmen. Bleib im Lande und nähre Dich redlich, so heißt es in einem Psalm. Daraus haben wir gemacht: Bleib im Lande und wehre Dich täglich.

Das Wort „Montage“ kann man auch anders aussprechen, man kann auch sagen: Montage [mɔnˈtaːʒə]. Wir gingen an den Montagen auf Montage. Wir wollten uns unser Land bauen. Den Mauerfall sollten wir feiern als das, was er gewesen ist: Wunder und Wahnsinn. Nichts kann dies schmälern. Aber wir sollten auch nicht schmälern, wofür wir eigentlich gekämpft haben: um das tägliche Brot der Demokratie.

Heute kommt es darauf an, dieses Brot nicht hart werden zu lassen. Die gewonnene Freiheit können wir nutzen, uns einmischen, mitreden, mit entscheiden und danach verlangen, wo uns das verweigert wird.

Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.


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