24.03.2025
Zeugnisse mal anders
Am Abendbrottisch erzählt mir meine Tochter von einem Gespräch aus der Schule.
Dort haben sie sich gegenseitig ihre Zeugnisse vorgelesen.
Ich bin irritiert, dann aber auch neugierig.
Das hätte es zu meiner Schulzeit wohl kaum gegeben.
Da sind die Zeugnisse schnell im Ranzen verschwunden.
Was hätte man sich auch vorlesen können.
Außer Zensuren war da nichts zu lesen.
Und die galt es eher zu verstecken.
Ich hake nach bei meiner Tochter.
Sie erzählt mir:
Bei einem Schulfreund würde im Zeugnis stehen:
„Martin, du bist wunderbar gemacht.
Und wenn Gott dich anders gewollt hätte,
dann hätte er dich anders gemacht.“
Ich staune.
Und weiter steht da:
„Fehler sind Helfer – nur anders buchstabiert.
Nutze deine Helfer!“
Dann wird genau aufgeführt, was Martin gut kann und wo er noch besser werden kann.
Deutsch, Mathe, Sachkunde.
Sozial-, Methoden- und Selbstkompetenz.
Das volle Programm. Auf 5 DIN A4-Seiten.
Ziemlich viel Arbeit.
Eine ziemlich umfassend Wahrnehmung vom Kind und seiner Potentiale.
Ich bin beeindruckt.
Das klingt ganz anders als die Zeugnisse zu meiner Zeit.
Vielleicht braucht es doch nicht immer Noten.
Es gibt wohl Alternativen.
Wenn sogar Gott im Zeugnis Platz findet.
Da ist Bildung mehr als nur Deutsch und Mathematik.
Da geht es um Werte. Verantwortung.
Und um einen Perspektivwechsel.
Den brauchen wir!
Sagt Ramón Seliger, Diakonie, Weimar.