10.07.2018
Blaue Stunde

Diese paar Minuten liebt sie besonders: wenn die Sonne gerade untergegangen ist und die Nacht noch nicht begonnen hat. Die blaue Stunde. Diese wundersame Zwischenzeit zwischen Tag und Nacht, wenn der Himmel alles in dieses märchenhafte Blau taucht, das uns mit hineinnimmt in die Geheimnisse des Lebens. In das, was nur noch wenige Worte kennt. Was vielleicht eher die Musik beschreiben kann oder die schöne Kunst.

Der Himmel färbt sich in dieses durchscheinende Königsblau. Die letzten Vögel singen ein Abendlied, bevor sie schlafen gehen.

In diesen paar Minuten geht sie, wenn sie irgend kann, in ihren Garten und lauscht. Da ist das Tagwerk getan, die Hände sind müde, die Beine schwer, das Bett ruft. Aber sie will noch diesen Moment abwarten, bevor sie ins Haus geht.

Es ist, als wenn sich ihr Garten verwandelt, wenn er sich weitet. Wenn die Stille ein Tor öffnet zum großen Universum, das uns alle umfängt. Wenn alles eins wird. Und es ist, als könnte man fühlen, wie der Allmächtige atmet.

Dann badet sie in den Farben des Himmels. In den zartrosa Wolken, die das letzte Sonnenlicht reflektieren, um rot zu werden und endlich im Dunkel des Nachthimmels zu verschwinden.

Sie genießt es, dazuzugehören. Zu alledem. Und zu dem Einen.

Ja, halte auch mich, guter Gott, betet sie. Und lehre mich deine Geheimnisse.

Dass auch sie gehalten sind, wünscht ihnen Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche.


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