03.06.2022
Der warme Wind von Pfingsten

Es war einmal vor langer, langer Zeit ein hochmütiges Volk. Das dachte, es könne alles. Niemand könne es aufhalten. Es könne Türme bauen bis in den Himmel. No limit. Think big. Ja, groß denken – das war ihre Gabe und ihre größte Versuchung.

Als sie bauten und bauten, da kam irgendwie ein Wind, der brachte alles durcheinander. Ihre Statik, ihre Pläne. Er verwirbelte Gedanken und Worte, bis sie einander nicht mehr verstanden.

Der Turm von Babel blieb unvollendet.

So blieben sie für sich, die einen mit der einen Sprache und den Gedanken, und die anderen mit jener Sprache und jenen Gedanken.

Jeder für sich – das gefiel Gott nicht. Gott möchte, dass Menschen zusammen sind.

Es war einmal vor nicht ganz so langer Zeit, da schickt Gott einen Wind in die matten Gemüter. Da werden sie unruhig und neugierig zugleich. Es treibt sie auf die Straße, sie wollen gucken, was los ist. Und da sind auch die vielen anderen. Und sie fragen und sprechen, und siehe da – sie verstehen einander.

Der warme Wind Gottes weht durch die Straßen und dreht Pirouetten, bis sie Tische und Stühle rausholen, die weiße Tischdecke, bunte Blumen, Brot und Wein und Käse und Eichsfelder Stracke, Bohnensuppe und Tofusalat. Und alle kommen und nehmen Platz und plaudern und erzählen sich, wer sie sind und woher sie kommen.

Und Gott freut sich.

Man nennt ihn den Geist von Pfingsten.

Ein fröhliches Pfingstfest wünscht Ulrike Greim aus Weimar.


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