11.10.2024
Hoffentlich liegt Lilo falsch

In der Sesamstraße habe ich sie zuerst gesehen. Da war sie schon eine gefeierte Schauspielerin, die trotzdem im Kinderprogramm fröhlich Stimmung gemacht hat. Ihre Kinofilme hießen: „Das Wirtshaus im Spessart“, „Kohlhiesels Töchter“ und „Ich denke oft an Piroschka“. Heute wird Liselotte Pulver 95 Jahre alt. Die Schweizerin lebt in Bern in einer Altersresidenz. Dort, sagt sie, sei sie nichts Besonderes. Jahrzehnte lang ist sie das aber gewesen. Allein mit sieben Bambis wurde Lilo Pulver geehrt. Berühmt auch für ihr Lachen. Das hat sie früh gelernt – gegenüber der Geldnot im Elternhaus, gegenüber dem strengen Vater. Lilo habe sich über manches hinweggesetzt und die ganze Familie zum Lachen gebracht, hat ihre Schwester Corinne erzählt. Später wurde es Markenzeichen von Lilo Pulver. „Weil ich wirklich viel und gern gelacht habe“, hat sie selbst gesagt. „Mit und ohne Grund!“ Dabei hat sie auch Schweres erlebt. Das Schlimmste: als ihre Tochter sich mit Anfang 20 das Leben nahm. Den Turm, von dem sie damals gestürzt ist, sieht Lilo Pulver vom Seniorenheim aus. Lilos Mann starb wenig später; ihre Schwester vor einem Jahr. „Die Zeit schwächt den Schmerz“, sagt Lilo, „aber er ist nie ganz weg“. Sohn und Enkel sind ihr heute das schönste Geschenk. An ein Leben nach dem Tod glaubt sie nicht. „Aber“, sagt sie, „ich hoffe, dass ich mich irre und man einander wirklich wiedersieht.“ Bewundernswert! Selber hoffen, dass man sich irrt. Das kann nur jemand, der sich nicht zu ernst nimmt.

Ich hoffe auch, dass Lilo Pulver sich irrt. Nein, ich vertraue darauf – für sie und für uns. Milina Reichardt-Hahn, evangelisch + Pfarrerin in Fambach


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