PM 58 | 19.05.2014
Landesbischöfin „Christlicher Glaube ist politisch“
BEI RÜCKFRAGEN
Reinhard Kwaschik, Pfarrer in Altenburg, 0170-4985707Aufruf zum Engagement für Flüchtlingshilfe, Gerechtigkeit und Umweltschutz
Christlicher Glaube hat politische Konsequenzen, betonte Ilse Junkermann, Landesbischöfin der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland (EKM), heute zur Eröffnung der Ausstellung „Spalatin – Steuermann der Reformation“ in Altenburg. Sie unterstützte damit die These „Reformation ist Politik“ der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Altenburg. Ilse Junkermann ist gemeinsam mit Christine Lieberknecht, Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen, Schirmherrin für die Ausstellung an zwei Orten: Eine Sonderausstellung im Residenzschloss (Mai bis Oktober) und eine Dauerausstellung in der Kirche St. Bartholomäi.
Die Landesbischöfin bezog sich in der Andacht zur Eröffnung der Ausstellung auf ein Zitat des Apostels Paulus: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“ Auch unsere Gesellschaft brauche Menschen, die sich aus der Freiheit des Glaubens heraus engagieren. Sie müssten wachsam dafür sein, „wenn Menschen ein Joch der Knechtschaft aufgelegt wird“, und aktiv werden, „wenn die Würde, die Gott einem jeden Menschen zuspricht, missachtet wird“. Zum Beispiel im Einsatz für Flüchtlinge. „Das Sterben mehrerer tausend Menschen im Mittelmeer, weil Europa sich zur reichen Festung gegen Not macht, ist ein Skandal, der jedes christliche Gewissen beschämen muss“, betonte Junkermann. Das Ringen um Gerechtigkeit für die Ärmsten bei uns und in den Ländern der sogenannten Dritten Welt sowie um eine Lebensweise, „die Gottes Schöpfung nicht weiter zerstört“, nannte sie als weitere Beispiele.
Auch ein wertschätzender Blick auf jeden Menschen, „welcher nicht zuerst nach Leistung, Verwertbarkeit und Effizienz fragt, sondern im Anderen das Ebenbild Gottes sieht“, hat nach Ansicht der Landesbischöfin Konsequenzen von politischem Ausmaß – zum Beispiel bei Fragen zur Sterbehilfe, zur Pflege und zum Umgang mit behinderten Menschen. „Zu solchem Engagement, auch gegen Widerstände, hat uns Christus befreit, und Reformatoren wie Luther und Spalatin haben diese Freiheit wiederentdeckt.“
Ilse Junkermann nannte Jesus als Vorbild dieser Freiheit. „Er hat sich über bestehende Grenzen hinweggesetzt im Namen Gottes. Solche Grenzen galten ihm immer dann nichts, wenn sie kleinmachten und einschüchterten, wenn sie verurteilten und Gewalt verherrlichten, wenn sie Menschen ihre Würde nahmen und der Liebe Gottes im Weg standen“.
Dies sei auch Ermutigung für Martin Luther gewesen, dem Kaiser und allen weltlichen Herren und sogar seiner eigenen Kirche zu widerstehen, um das Evangelium der Freiheit in der Reformation neu zum Leuchten zu bringen und zu schreiben „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan“. Mit dieser inneren Freiheit habe Luther weit in das politische Leben seiner Zeit hineingewirkt. Wie sich solche Freiheit konkret umsetzen lässt ins soziale und gesellschaftliche Leben, das ist, so Ilse Junkermann, Georg Spalatins große politische Leistung als Reformator. Er habe aus dieser Freiheit heraus erste Priestertrauungen vollzogen sowie kirchliche und städtische Strukturen geändert, das Schulwesen neu aufgebaut und die Schulbildung auch für Mädchen eingeführt.
Ebenso habe diese Freiheit die Menschen vor 25 Jahren dazu gebracht, „das Joch des DDR-Systems gewaltlos und mit friedlichen Mitteln zum Einsturz zu bringen“, erinnerte die Landesbischöfin. Auch in Altenburg seien wesentliche Impulse aus der Kirche und dort beheimateter Gruppen gekommen. „So hat Glaube Politik gemacht und zu Veränderungen beigetragen, für die wir heute – bei allem, was kritik- und verbesserungswürdig sein mag – von Herzen dankbar sind“.
Weitere Informationen im Internet: www.spalatin-2014.de