PM 12 | 24.02.2016
Landesbischöfin fürchtet um Grundwerte: „Flüchtlinge als Menschen zweiter Klasse“
BEI RÜCKFRAGEN
Solveig Grahl, 0162-2048755, Friedemann Kahl, 0151-59128575Asylpaket II vor Verabschiedung im Bundestag
Vor der morgigen Abstimmung über das Asylpaket II im Deutschen Bundestag hat sich die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) Ilse Junkermann klar gegen die Gesetzesänderungen ausgesprochen. Vor allem die geplanten Einschränkungen beim Familiennachzug hält Junkermann für eine „Katastrophe“:
„Die Familie ist für uns ein wichtiger Bezugspunkt. In Ländern des Mittleren und Nahen Ostens gilt das noch sehr viel stärker. Im Endeffekt hat das neue Gesetz dann zur Folge, dass auch die Kinder und Frauen sich auf den gefährlichen Weg der Flucht machen und nicht auf sicherem Wege nachkommen können, wie sie das gehofft haben.“
Auch für Kinder und Jugendliche soll das Recht auf Familiennachzug, bis auf Härtefälle, zwei Jahre lang ausgesetzt werden. Für Landesbischöfin Junkermann ist das ein Verstoß gegen das Grundgesetz: „Wir erwarten Integration und ein Ja zu unseren Grundrechten. Dazu gehört der unbedingte Schutz von Ehe und Familie. Und wir verwehren ihnen dieses Grundrecht und machen sie so zu Menschen zweiter Klasse. Damit bringen wir unsere eigenen Grundwerte ins Wanken.“
Der eingeschränkte Familiennachzug erschwere zudem die Integration der Flüchtlinge in Deutschland: „Eine Familie integriert sich einfach viel besser als ein Mann oder Gruppen von Männern, die alleine leben.“
Auch das Vorhaben, die Asylverfahren zu beschleunigen und Menschen mit geringer Bleibeperspektive schneller abzuschieben, sieht die Landesbischöfin kritisch. „Darüber droht verloren zu gehen, was in unserem Grundgesetz verankert ist, dass jeder eine unveräußerliche Würde hat und deshalb auch jeder Asylantrag einzeln geprüft werden muss und nicht pauschal. Denn auch in Ländern, die wir als sichere Herkunftsländer bezeichnen, ist nicht ausgeschlossen, dass Minderheiten verfolgt werden. Kritisch ist es auch, wenn wir Menschen in Länder zurückschicken, in denen ausländische Truppen nach wie vor für die Sicherheit sorgen müssen, wie z.B. in Afghanistan.“
Hintergrund:
Am Donnerstag stimmt der Bundestag über das Asylpaket II ab. Es sieht unter anderem beschleunigte Asylverfahren und schnellere Abschiebung von Menschen mit geringer Bleibeperspektive vor. Für Flüchtlinge, die nicht unmittelbar persönlich verfolgt sind, soll das Recht auf Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt werden. Für Kinder und Jugendliche soll es Einzelfallprüfungen geben.