PM 164 | 08.11.2011
Martinsfest: Umzüge mit Reitern, Schalmeien und Gebäck
BEI RÜCKFRAGEN
Susanne Sobko, 0162-2048755Gesellschaftspolitischer St. Martin will Alternativen zu „Zockerbuden“
In Magdala kommt Pferd Gitti mit in die Kirche
In dieser Woche wird in zahlreichen Kirchengemeinden der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) Martinstag gefeiert. Viele evangelische Christen treffen sich bereits am 10. November, an dem Martin Luther im Jahr 1483 geboren wurde. Der 11. November wird als Tauf- und Namenstag Luthers gewürdigt. Gleichzeitig erinnert dieser Tag an Martin von Tours. Der Bischof und spätere Heilige hat im vierten Jahrhundert gelebt.
Vom Heiligen Martin sind zahlreiche Legenden überliefert. Die bekannteste Geschichte handelt davon, dass er als Soldat der Kaiserlichen Garde an einem Winterabend in Amiens einem frierenden Bettler begegnet ist. Darauf stieg er von seinem Pferd, teilte den Mantel mit dem Schwert und beschenkte den Bettler mit einer Hälfte. In der Nacht erschien ihm Jesus im Traum. Er war in die Mantelhälfte des Bettlers gehüllt und sagte: „Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Martin ließ sich nach diesem Erlebnis taufen und schloss sich Ordensbrüdern an. Später berief man ihn zum Bischof von Tours. Er kümmerte sich besonders um Kranke und Aussätzige.
Die Bräuche zum Martinstag sind regional verschieden. Meist ziehen Kinder nach Einbruch der Dunkelheit mit Laternen durch die Straßen und singen Martinslieder. Diese Umzüge haben eine symbolische Bedeutung: Sie bringen Licht in die Dunkelheit, ebenso wie barmherziges Verhalten Hilfe bringt. Oft werden Martinshörnchen, Martinsbrezeln oder Weckmänner ausgegeben. Das Teilen des Gebäcks soll an die Hilfsbereitschaft des Heiligen Martin erinnern. In einigen Orten brennen Martinsfeuer, Posaunenbläser begleiten die Umzüge.
Eine Besonderheit gibt es in Eisenach: Hier findet am Martinstag ein Heischegang statt. Kinder verkleiden sich als Märzemännchen und ziehen von Haus zu Haus. Mit gereimten Sprüchen bitten sie um milde Gaben, die sie meist in Form von Süßigkeiten erhalten. Der Brauch ist auf die Schulzeit Martin Luthers in Eisenach zurückzuführen. Er war 1498 als Lateinschüler in die Wartburgstadt gekommen. Als Kurrendesänger zog er durch die Straßen, um mit Ständchen vor den Häusern um Spenden zu bitten. Damit bezahlte er seine Gasteltern.
Die Martinsfeier wird in Eisenach ökumenisch organisiert. Zunächst beginnen am 10. November um 16.30 Uhr Gottesdienste in der evangelischen Georgenkirche und der katholischen Elisabethkirche. Im Anschluss treffen sich die Besucher zu einem Laternenumzug. Am Lutherdenkmal am Karlsplatz findet gegen 17 Uhr eine ökumenische Andacht mit Anspiel, Kurrende und Posaunenchor statt. Mit einem Museumsfest feiert das Eisenacher Lutherhaus von 18 bis 22 Uhr den Geburtstag von Martin Luther. Das Reformationstheater präsentiert in jedem Jahr ein neues, von dem Eisenacher Autor Matthias H. Herzer eigens für diesen Anlass geschriebenes Schauspiel (18.30 und 19.30 Uhr). Diesmal wird eine pikante Geschichte aus der Reformationszeit thematisiert: die Doppelehe des Landgrafen Philipp I. von Hessen. Um 20.30 Uhr beginnt eine „Geburtstagsserenade für Martin Luther“ mit dem Streichquartett „Querbeet“ – zu hören sind kurzweilige Musikstücke von Klassik bis Pop. Vor dem Haus gibt es heiße Suppe aus dem Kessel und Glühwein.
In Magdala treffen sich am Martinstag Alt und Jung zur Andacht in der Kirche. Das „fromme Kirchenpferd Gitti“, so Pfarrer Martin Krautwurst, bringt den Heiligen Martin in die Kirche bis zum Bettler an den Altar. Danach ziehen die Kinder mit Lampions durch die dunklen Gassen der Stadt. Auch in Bucha und Großkröbitz erwartet die Kinder eine Andacht mit Lampionumzug durch den Ort. Die Hilfsbereitschaft des Heiligen Martins dient im Kirchspiel Magdala das ganze Jahr über als Vorbild: Hier laufen Spendenaktionen wie „Brot und Suppe am Haken“ sowie Hilfe für die Kinder von Tschernobyl oder die Hungernden in Ostafrika.
In Ranis laden die Kindertagesstätte Burgspatzen sowie die evangelische und katholische Kirchengemeinde am 10. November zum ökumenischen Martinsfest ein. Start ist um 17 Uhr am Kinder- und Jugendheim. Nach einem von Posaunenmusik gestalteten Auftakt geht es in einem bunten Laternenumzug durch die Stadt zur Burg. Zwei Reitern setzen die Martinslegende in Szene. Auf der Burg klingt das Martinsfest mit dem Martinsfeuer und dem Teilen der Martinshörnchen aus. Sie werden von Kindern und Jugendlichen selber gebacken.
In Ebeleben (Kyffhäuserkreis) beginnt am 10. November um 17 Uhr auf dem Marktplatz ein Martinsumzug zum Karl-Marien-Haus, dort werden Hörnchen geteilt. Um 20 Uhr schließt sich am Pfarr- und Gemeindehaus der Diskussionsabend „Gesellschaftspolitischer St. Martin“ an. Pfarrer i.R. Bernd Winkelmann, Mitglied der Akademie für solidarische Ökonomie Burg Bodenstein, spricht zum Thema „Solidarische Ökonomie statt Zockerbuden“. Die Gestalt des Heiligen Martin gilt hier nicht nur als Vorbild für christliche Mildtätigkeit, sondern für eine Gesellschaft, in der alle ausreichenden Anteil an den Gütern der Welt finden.
In Erfurt wird am 10. November (19 Uhr, Kaufmannkirche am Anger) zur Martinimusik mit Bearbeitungen von Lutherchorälen für Bläser und Orgel eingeladen. Ergänzt wird das Programm durch die Lesung aus Briefen des Reformators an seine Frau Katharina von Bora sowie Hintergrundinformationen zu Luther. Zur gleichen Zeit beginnt in der Augustinerkirche ein Ökumenisches Gebet, im Anschluss gibt es im Lutherfestsaal des Klosters die Augustinertafelrunde unter dem Motto „Erlesenes aus Luthers Werken bei Mahl und Musik“.
In Suhl beginnt die ökumenische Martinsfeier am 10. November (17 Uhr) an den Stufen der Hauptkirche St. Marien mit einer Andacht, anschließend folgt der traditionelle Lampionumzug mit Pferd und Reiter durch die Innenstadt bis zur Kreuzkirche. Dort werden Martinshörnchen verteilt. Am 11. November beginnt um 17 Uhr im Familienzentrum „Die Insel“ ein Programm mit Diavortrag, Basteln, Vorlesen und Hörnchenteilen.
Mit Schalmeien wird der Lichterzug der Kinder aus Bernsgrün (Landkreis Greiz) begleitet. Sie treffen sich zunächst um 17 Uhr an der Kirche, anschließend laufen sie zum Kindergarten-Vorplatz, wo Würstchen am Feuer gebraten werden.
Hinweis an die Redaktionen: Termine von Martinsfeiern in Thüringen sowie Fotos zum Ankündigen der Geburtstagsfeier für Martin Luther im Eisenacher Lutherhaus: Termine.pdf (pdf-Datei; Dateigröße 13 KByte)