PM 67 | 19.06.2015
Offener Brief an Eisenacher Stadträte
BEI RÜCKFRAGEN
Stephan Köhler, 0152-28758169Kirchenvertreter fordern Distanz zur NPD und Rückkehr zum demokratischen Konsens
In einem offenen Brief an die Stadträte von Eisenach haben Vertreter der evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) die Stadträte in Eisenach dazu aufgefordert, wieder zum demokratischen Konsens zurückzukehren und künftig keine Anträge der NPD-Fraktion mehr mit ihrer Stimme zu unterstützen.
Im Folgenden finden Sie den offenen Brief im Wortlaut. Unterschrieben haben ihn Stephan Köhler, amtierender Superintendent des Evang.-Luth. Kirchenkreises Eisenach-Gerstungen, Christian Herbst, Präses der Kreissynode des Evang.-Luth. Kirchenkreises Eisenach-Gerstungen, und Ulrike Quentel, Vorsitzende des Gemeindekirchenrates der Evang.-Luth. Kirchengemeinde Eisenach:
„Die NPD vertritt eine nationalistische und völkische Ideologie. Menschen werden ausgegrenzt. Sprachgebrauch und Überzeugungen erinnern oft an den Nationalsozialismus. Mitglieder der NPD sind teilweise als Gewalttäter bekannt, wurden strafrechtlich verfolgt und verurteilt. Die NPD unterhält Verbindungen zu gewaltbereiten Neonazis und wird vom Verfassungsschutz in Bund und Ländern beobachtet. Zur Zeit prüft das Bundesverfassungsgericht einen Antrag des Bundesrates auf Verbot der NPD. Dies sind nur einige der Gründe, die es gebieten, eine deutliche Distanz zur NPD und damit auch zu Anträgen der NPD-Fraktion im Eisenacher Stadtrat zu wahren.
Wir sind erschrocken darüber, dass in der Stadtratssitzung am 15. Juni 2015 13 Stadträte aus demokratischen Parteien einem Antrag der NPD auf Abwahl der Oberbürgermeisterin ihre Zustimmung gaben. Zuvor hatten 22 Stadträte dafür gestimmt, über diesen Antrag der NPD geheim abzustimmen. Damit wurde die gebotene und notwendige Distanzierung von der NPD aufgegeben! Zugleich ist unserer Stadt schwerer Schaden entstanden: in einer Zeit, in der Eisenach weltweit im Blick ist, wird im Stadtrat der demokratische Konsens in Frage gestellt.
Wir als Kirche unterstützen Menschen, die ausgegrenzt werden, die als Flüchtlinge in Not sind. Menschen in Lebenskrisen werden seelsorgerlich betreut. Wöchentliche Friedensgebete und auch solche zu besonderen Anlässen zeigen unsere Sorge um Frieden hier bei uns und weltweit. So übernehmen wir als Christen auch Verantwortung in unserer Gesellschaft und für unsere Stadt.
Sie als Stadtrat und Stadträtin stehen ebenfalls in einer besonderen Verantwortung. Zum einen in den Entscheidungen, die Sie zum Wohle unserer Stadt treffen sollen. Zum anderen sind Sie als Kommunalpolitiker/in auch Vorbild für die Menschen in Eisenach.
Deshalb fordern wir Sie dringlich auf, im Stadtrat wieder zum demokratischen Konsens zurückzukehren und künftig keine Anträge der NPD-Fraktion mehr mit Ihrer Stimme zu unterstützen und eine deutliche Distanz zur NPD einzunehmen.
Wir erwarten, dass Sie in Ihrer Arbeit als Stadträte Ihrer Verantwortung für das Wohl unserer Stadt gerecht werden. Gegenseitige Schuldzuweisungen sind jetzt das falsche Zeichen. Alle demokratischen Stadträte sind jetzt in der Pflicht weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden und ein Zeichen für konstruktives und positives Miteinander zu setzen.“
Hintergrund:
In der Stadtratssitzung vom 15. Juni 2015 hatten 13 Eisenacher Stadträte aus demokratischen Parteien einem Antrag der NPD auf Abwahl der Oberbürgermeisterin Katja Wolf zugestimmt.