PM 17 | 14.02.2011
Wie funktionierte die DDR-Diktatur in der Provinz?
BEI RÜCKFRAGEN
Johannes Beleites, Studienleiter der Evangelischen Akademie Thüringen, Tel. 0163-6316816 oder Roger Engelmann, Abteilung Bildung und Forschung bei der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. Tel. 030-2324-8822Tagung im Zinzendorfhaus Neudietendorf
Neue Forschungsergebnisse werden vorgestellt
Wie funktionierte die DDR-Diktatur im Alltag und fernab der Machtzentren? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine Tagung unter dem Motto „Die Diktatur in der Provinz“ vom 17. bis 19. Februar im Zinzendorfhaus Neudietendorf bei Erfurt. Veranstalter sind die Evangelische Akademie Thüringen und Marianne Birthler, Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR.
Was war die DDR – Terror und Zwang allerorten oder im Alltag eine herrschaftsfreie Idylle? Trotz vielfältiger Forschungen zur DDR-Geschichte dominieren vereinfachende Sichtweisen. Marianne Birthler plädiert für eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Alltagserleben der Menschen. „Es ist sehr wichtig zu wissen, wie die Stasi das Leben ganz normaler Leute beeinflusst hat“, sagte sie kürzlich in einem Interview. Das bringe manchmal viel interessantere Erkenntnisse als nur der Blick auf prominente Einzelfälle. „Und es ist, wenn man die DDR verstehen will, absolut notwendig, die Verbindung zwischen SED und Staatssicherheit zu untersuchen“, so Birthler weiter.
Dieser Zusammenhang wird in den neuen Forschungsergebnissen aufgegriffen, die Wissenschaftler auf der Tagung präsentieren. Sie resultieren aus regional-, lokal- oder mikrohistorisch angelegten Studien. „Anpassung und Mitläufertum treten in den Untersuchungen ebenso zu Tage wie die permanente Unzufriedenheit der übergroßen Bevölkerungsmehrheit. Auch eigensinniges Verhalten gab es, zumeist jedoch nur bis zu einer unsichtbaren Grenze, die die Machthaber mit ihrer Sanktionspraxis definierten“, erläutert Johannes Beleites, Studienleiter der Evangelischen Akademie Thüringen. Ein weiterer Schwerpunkt der Tagung wird die Frage nach der Vermittlung der Diktaturgeschichte in Schulen, der politischen Bildung und den Medien. Themen sind außerdem „Jugendliche Subkulturen in Thüringen“ sowie „der alltägliche Ausnahmezustand im Grenzgebiet“.
Weitere Informationen sowie das Tagungsprogramm: www.ev-akademie-thueringen.de
Weiterer Terminhinweis: Unter dem Titel „Aufarbeitung, Gerechtigkeit, Versöhnung“ wird am 23. Februar um 19 Uhr im Evangelischen Ratsgymnasium Erfurt ein Gespräch über den angemessenen Umgang mit der DDR-Vergangenheit mit der Bundesbeauftragten Marianne Birthler und Landesbischöfin Ilse Junkermann stattfinden (PM vorgesehen für den 16. Februar).