PM 18 | 06.06.2005
Bischof Axel Noack Nicht nachlassen im Hoffen und Beten
Die Welt erlebt heute den Ausbruch eines neuen Krieges. Nichts und niemand konnte die einmal in Gang gekommene Kriegsmaschinerie aufhalten. Die vielfältigen diplomatischen Bemühungen der letzten Tage und Wochen scheinen nun endgültig gescheitert.
Die Welt erlebt heute den Ausbruch eines neuen Krieges. Nichts und niemand konnte die einmal in Gang gekommene Kriegsmaschinerie aufhalten. Die vielfältigen diplomatischen Bemühungen der letzten Tage und Wochen scheinen nun endgültig gescheitert. Auch vielfältiger Protest rund um den Erdball hat es nicht vermocht, die Vereinigten Staaten von ihrem unbeirrbaren Plan, den Krieg zu wollen, abzubringen. Das Recht des Stärkeren scheint über die Stärke des Rechtes zu triumphieren. Ganz plötzlich ist auch wieder die Angst vor einem Kriege unter uns da und bewegt viele Menschen auch in unserem Land. Das alles nehmen wir mit großer Enttäuschung zur Kenntnis.
Die Vereinigten Staaten, denen Europa und Deutschland so viel für die Stabilität und den Aufbau demokratisch-rechtsstaatlicher Ordnungen verdanken, schicken sich an, einen Krieg zu führen, der nach dem Urteil vieler zutiefst unmoralisch und völkerrechtswidrig ist. Die Vereinten Nationen, mit denen gerade auch Christen und Kirchen in Deutschland die Hoffnung verbanden, dass es gelingen möge, den möglichen Einsatz militärischer Gewalt an das Recht zu binden, sind gescheitert.
Es bleibt ein kleines Zeichen der Hoffnung, dass es nicht gelungen ist, die meisten Mitglieder des Sicherheitsrates durch Druck oder Versprechungen zu einer Ja-Stimme für diesen Krieg zu bewegen. So können wir nur wünschen, dass die Vereinten Nationen nicht völlig geschwächt aus diesem Prozess hervorgehen. Denn wir wissen doch, zu einer Monopolisierung der Gewalt, zur Bindung der Gewalt an das Recht, gibt es letztlich keine ethisch gerechtfertigte Alternative. Dies gilt auch dann, wenn der Weg dorthin nachhaltig gestört zu sein scheint. Auch Verbrechen, Terrorismus und Rechtsbruch lassen sich letztlich nicht dadurch bekämpfen, dass ich nun meinerseits das Recht mit Füßen trete.
In dieser so bedrückenden Situation rufen wir die Menschen und unsere Gemeinden auf, sich durch die so schlimme Weltlage den Blick nicht vernebeln und im Eintreten für einen gerechten Frieden nicht lähmen zu lassen. In dieser Haltung wissen wir uns mit vielen Christen und Kirchen in der ganzen Welt und auch in den Vereinigten Staaten verbunden. Mit ihnen gemeinsam rufen wir auf zum Gebet für den Frieden. Darin wollen wir nicht nachlassen.
Als Beterin und Beter wissen wir, dass Gott nicht alle unsere Wünsche erfüllt, aber mit unseren Gebeten drücken wir aus, dass wir auf Gott unsere Hoffnung setzen. An seinen Zusagen sollen wir auch in der jetzigen Situation nicht zweifeln.
Lassen Sie uns gegenseitig helfen, dass wir auch in dieser so ernsten Stunde unser Vertrauen auf Gott nicht wegwerfen. Er wird die Tränen abwischen, und in diesem Glauben lassen Sie uns auch in der nun sich neu auftuenden Konfliktlage für eine bessere Welt eintreten.
”Die Verheißung vom neuen Himmel und von der neuen Erde will uns helfen, den Anblick dieses Elends im Blick auf die kommende Gottesstadt zu ertragen, und will zugleich diesen Anblick uns unerträglich machen, will uns aktivieren zum tätigen Protest dagegen, karitativ und politisch…. Nicht in der Illusion, als könnten wir selbst das Gottesreich verwirklichen, wohl wissend, dass die Bosheit zu tief im Menschenherzen sitzt, als dass wir sie mit unserer Macht ausrotten könnten. … So wirkt der Blick auf die große Erfüllung gegenwartsbestimmend in unser jetziges Leben herein, macht uns nicht faul, sondern tätig, reißt uns heraus aus unserer Resignation, verhindert, dass wir erdrückt werden und mutlos durch die scheinbare Vergeblichkeit unseres Kampfes gegen Tod und Elend, und gibt diesem Kampfe einen ewigen Sinn. Weil Gott die Tränen abwischen wird, hat es Sinn, hier schon Tränen zu trocknen und zu verhindern.” (Helmut Gollwitzer in einer Predigt 1972)
Magdeburg, 20. März 2003 - Axel Noack, Bischof der Kirchenprovinz Sachsen