PM 159 | 25.10.2006
Kabinettsgespraech Themen Rechtsextremismus Sozialstaat Elbeausbau
Kirchen und Landesregierung vereinbaren Treffen mit Zentralrat der Juden
Die Reform des Sozialstaats und das Thema Rechtsextremismus standen am Dienstagnachmittag im Mittelpunkt eines turnusmäßigen Treffens zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierung Sachsen-Anhalts, der evangelischen und katholischen Kirchen des Landes sowie der Diakonie und der Caritas. Dabei wurde ein gemeinsames Treffen mit Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrates der Juden, zum Vorgehen gegen Rechtsextremismus vereinbart.
Ebenfalls auf der Tagesordnung der Zusammenkunft im Konsistorium der Kirchenprovinz Sachsen in Magdeburg standen das Pastorale Zukunftsgespräch im Bistum Magdeburg sowie der Vereinigungs- und Föderationsprozess zwischen der Kirchenprovinz Sachsen und der Thüringer Landeskirche. Diskutiert wurden auch verschiedene Positionen zum Thema Elbeausbau, die in einer kleineren Diskussionsrunde zwischen Landesregierung und Kirchen fortgeführt werden sollen. An dem Treffen nahmen unter anderem Ministerpräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, der Bischof der Kirchenprovinz Sachsen, Axel Noack, der Kirchenpräsident der Landeskirche Anhalts, Helge Klassohn, und der Bischof des Bistum Magdeburg, Dr. Gerhard Feige, teil.
Mit Blick auf die jüngsten rechtsextremistischen Übergriffe in Sachsen-Anhalt sagte Bischof Axel Noack: „Wir brauchen Menschen, die stabil und in der Lage sind, sich auch anderen zuzuwenden. Diese persönliche Zuwendung ist durch keine finanzielle Unterstützung aufzuwiegen.“ Ministerpräsident Prof. Wolfgang Böhmer zeigte sich bestürzt über die fehlende Hemmschwelle einiger gewaltbereiter Jugendlicher: „Auch früher haben junge Leute so manches angestellt, aber es gab zumeist auch den Punkt, an dem dann Schluss war.“ Kirchenpräsident Helge Klassohn wies auf die „gefährliche Konjunktur, die der Begriff Volksgemeinschaft heute bisweilen gewonnen hat“ hin.
Kultusminister Prof. Jan-Hendrik Olbertz warb in diesem Zusammenhang dafür, Toleranz nicht misszuverstehen und alles zuzulassen. Sozialministerin Dr. Gerlinde Kuppe betonte das zunehmende Ungleichgewicht zwischen der Zahl von Frauen und Männern in einigen Regionen Sachsen-Anhalts: „Männer, die keine Partnerin finden, sind möglicherweise empfänglicher für die einfachen Parolen rechtsextremer Gruppierungen.“
Mit Blick auf die Reform des Sozialstaats hob Oberkirchenrat Eberhard Grüneberg, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Mitteldeutschland, die Bedeutung bei der Förderung von Kindern hervor: „Es muss eine Grundsicherung gegen das Aufwachsen von Kindern in Armut geben, die wirtschaftliche Lage einer Familie darf nicht über den Zugang zu Bildung entscheiden.“ Grüneberg verwies zudem auf den Vorschlag der Diakonie, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse aus Transfermitteln zu finanzieren.
Diözesan-Caritas-Direktor Franz-Peter Jorgol warb dafür, Arbeitslose und vor allem erwerbslose Jugendliche im Sinne einer „Befähigungsgerechtigkeit“ stärker in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zu integrieren. Jorgol wies auf die Arbeit der Stiftung „Netzwerk Leben“ hin.
Sozialministerin Dr. Gerlinde Kuppe hob wesentliche Ziele einer künftigen Sozialpolitik in Sachsen-Anhalt hervor: „Menschen müssen in gesicherter Existenz und in Würde leben können, sie müssen sich in die Gesellschaft einbringen können, also Zugang zu Bildung haben – und wir müssen private Initiativen im sozialen Bereich fördern.“
Magdeburg und Dessau – 24. Oktober 2006