PM 2 | 14.01.2008
Oberkirchenrat Wagner findet Debatte ueber Jugendgewalt unselig

Oberkirchenrat Wagner findet Debatte über Jugendgewalt unselig
„Nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist.“

„Unselig“ nennt der Bildungsdezernent der Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland (EKM), Oberkirchenrat Christhard Wagner, die vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch angefachte Debatte über die Jugendkriminalität. „Mit dem undifferenzierten Schüren von Ressenti­ments gegen Ausländer wird Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremen geleitet.“ Zudem miss­brauche dieser populistische Wahlkampf die Probleme von Jugendlichen. „Derartige Kampagnen lassen das Vertrauen in die repräsentative Demokratie noch weiter sinken.“

Wagner weist darauf hin, dass die Statistik der medialen und gefühlten Dramatik entgegen steht. Jugendgewalt dürfe nicht auf Migranten reduziert werden, sondern sei ein generelles Problem. Die Ellenbogengesellschaft spalte in Gewinner und Verlierer. Gewalttätig würden vor allem junge Men­schen ohne Perspektive und mit Gewalterfahrungen in der Familie. „Verblüffenderweise sind Migranten und Rechtsradikale Opfer gleicher Erfahrungen.“

Deshalb fordert der Bildungsdezernent als Reaktion auf die Zunahme der Jugendkriminalität bessere Bildungs- und Teilhabe-Chancen statt härterer Strafen. Eine gute Jugend- und Familienpolitik mit Investitionen in Schulen und Sozialarbeit sei die richtige und nachhaltige Antwort. „Maßnahmen der Justiz sind immer die zu späten Reaktionen auf verpasste Entwicklungen.“ So habe die Innenminis­terkonferenz soziale und schulische Ursachen für Jugendgewalt formuliert. Dort sei anzusetzen. „Wir dürfen nicht warten, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist.“

Das aktuelle Jugendstrafrecht hält Wagner für völlig ausreichend. Strafe sei wichtig, doch sie müsse sofort auf die Tat folgen und Perspektiven eröffnen. Das sei auch im Sinne der Opfer. Jugendarrest und Jugendsozialprojekte findet der Bildungsdezernent grundsätzlich richtig, wenn sie „die Men­schenwürde achten und pädagogisch sinnvoll sind“. Drill-Camps hätten dagegen ihre Erfolglosigkeit schon längst bewiesen.

Bei Rückfragen: Oberkirchenrat Christhard Wagner, 0171-8303369


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