14.03.2019
Dissens über Kultur- statt Kirchensteuer
Erfurt (epd). Überlegungen des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow zu einschneidenden Veränderungen bei der Finanzierung der Kirchen und im kirchlichen Arbeitsrecht sind auf Skepsis gestoßen.
Die Thüringer CDU lehnte den Vorstoß am Mittwoch ab, weil das bewährte System der Kirchensteuer beseitigt und die Finanzierung der christlichen Kirchen gefährdet würden, sagte der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Maik Kowalleck, in Erfurt.
Kritisch nahm auch die katholische Kirche den Vorschlag auf. Der Linken-Politiker und evangelische Christ Ramelow hatte dem Evangelischen Pressedienst (epd) zuvor gesagt, an die Stelle der Kirchensteuer könnte eine Kultursteuer nach dem Vorbild Italiens treten. Er reagierte damit auch auf die Diskussion um die Einführung einer Moscheesteuer.
"Eine Moscheesteuer analog zur Kirchensteuer würde lediglich dazu führen, dass die islamischen Gemeinden sich dem verweigern würden", erklärte Ramelow unter Hinweis auf die Notwendigkeit eines Namensverzeichnisses. Dagegen werde etwa die italienische Kultursteuer von jedem Steuerzahler gezahlt. Wie hoch diese Kultursteuer letztlich sein sollte, müsste gründlich erörtert werden, sagte der Linken-Politiker weiter: "Sie müsste jedenfalls niedriger ausfallen für die, die bisher überhaupt gezahlt haben, aber nicht so niedrig wie in Italien."
Jeder Einzelne habe bei diesem Modell "die Wahlfreiheit zu entscheiden, wohin dieses Geld fließen soll". Das könne die Moscheegemeinde sein, aber auch der Humanistische Verband, die verfasste Amtskirche oder Freikirchen, Synagogengemeinden oder Freidenker.
"Das hieße aber auch, zunächst bittet Ramelow erst einmal alle zur Kasse, unabhängig von der Kirchenmitgliedschaft", reagierte darauf Kowalleck. Dies würde für alle Thüringer Steuerzahler eine Mehrbelastung bedeuten, die bisher keine Kirchensteuer zahlten, weil sie keiner Kirche angehörten. Das seien rund zwei Drittel aller Steuerzahler im Land. "Neben einer Steuererhöhung wäre das Ergebnis dann aber auch, dass die Finanzierung der christlichen Kirchen am Ende wäre", befürchtete Kowalleck.
Den sogenannten dritten Weg im kirchlichen Arbeitsrecht hält der Thüringer Regierungschef ebenfalls "für dringend überarbeitungsbedürftig". Er verwies unter anderem auf das kürzliche Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt zum Fall eines wiederverheirateten katholischen Chefarztes. Es wäre einfacher, es würde für alle Arbeitnehmer das gleiche Recht gelten. Innerhalb dieses Systems könnte man sogar weiter konfliktvermeidend arbeiten und damit bessere Standards setzen - "ohne den kirchlichen Schutzmantel, der am Ende immer nur zum Streitfall an sich wird", argumentierte Ramelow.
Die Kirchensteuer als wichtigste Finanzierungsquelle der Kirchen in Deutschland und der "Dritte Weg" im kirchlichen Arbeitsrecht hätten sich bewährt und sollten beibehalten werden, sagte der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr. Er verwies im Gespräch mit katholisch.de am Rande der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Lingen auf das Grundanliegen der Kirchensteuer. Diese sei eine Abgabe der Kirchenmitglieder für ihre Kirche, die damit ihre Aufgaben für die Menschen erfüllen könne. Dazu zählten auch vielfältige karitative und kulturelle Aufgaben.
Mit Blick auf den "Dritten Weg" betonte der Erfurter Bischof das partnerschaftliche Miteinander von Dienstgebern und Dienstnehmern in kirchlichen Einrichtungen und das Ziel einer konsensorientierten Konfliktlösung ohne Arbeitskämpfe. Er sei ein Weg, "den wir als Kirchen gerne weitergehen möchten", betonte Neymeyr.
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