18.11.2022
Kirche schließt erste Vereinbarungen mit Unrechtsopfern

Erfurt (epd). Der Anerkennungsausschuss zur Aufarbeitung von DDR-Unrecht innerhalb der evangelischen Kirchen im mitteldeutschen Raum hat erste Fälle abgeschlossen.

Mit vier Opfern seien Vereinbarungen getroffen worden, die unter anderem die Zahlung finanzieller Anerkennungsleistungen beinhalteten, sagte Oberkirchenrat Christian Fuhrmann am Donnerstag im Rahmen der Herbstsynode der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) in Erfurt. Zurzeit würden acht weitere Anträge bearbeitet.

Auftrag der Kommission sei jeweils die Klärung, inwieweit Verantwortungsträger der beiden Vorgängerkirchen der EKM an einer Benachteiligung beziehungsweise Verfolgung von SED-Unrechtsopfern mitgewirkt oder nachweislich keine möglichen Schritte zu deren Schutz unternommen haben. Ziel seien jeweils Vereinbarungen, die kirchliches Fehlverhalten und deren Auswirkung auf die Antragstellerinnen und Antragsteller feststellen.

Trotz Berichterstattung in kirchlichen und überregionalen allgemeinen Medien sei die Zahl der Antragstellungen hinter den anfänglichen Schätzungen zurückgeblieben. „Viele Opfer haben mit dem erlittenen Unrecht abgeschlossen. Anderen reicht das Wissen, dass die Kirche sich der Aufarbeitung des Themas stellt“, sagte Fuhrmann. Es gebe aber auch Betroffene, denen es wichtig sei, gehört zu werden. Wieder andere Betroffene würden den Anerkennungsschuss ablehnen, da sie das Gefühl hätten, die Kirche wolle sich freikaufen.

Die Einrichtung des Anerkennungsausschusses sei insgesamt Ausdruck eines Perspektivwechsels. Die Aufarbeitung innerhalb der EKM solle sich weniger auf die Täter und Stasi-Zuträger konzentrieren und vor allem aus seelsorgerischen Gründen verstärkt die Opfer in den Blick nehmen.

Umstritten ist innerhalb der Synode der Begriff des Unrechts. Manche Entscheidungen von Kirchenleitenden hätten fürchterliche Folgen für Betroffene gehabt, seien aber rechtens gewesen. So habe es etwa 1983 Gründe für die Entlassung eines Jugendpfarrers aus dem Kirchendienst gegeben. Doch sei die Entscheidung falsch gewesen. Ohne den Schutz der Kirche sei dessen Verhaftung wegen des Vorwurfs staatsfeindlicher Hetze ermöglicht worden.

Zweiter Schwerpunkt der Beratungen am Donnerstag war die Situation der Diakonie Mitteldeutschland während der aktuellen Energiekrise. Hier schloss deren Vorstandsvorsitzender Oberkirchenrat Christoph Stolte die Insolvenz einzelner Einrichtungen nicht aus, sollten vom Bund angekündigte Rettungspakete nicht schnell greifen. Als gemeinnützige Gesellschaften sei es den diakonischen Einrichtungen gesetzlich nicht erlaubt gewesen, Rücklagen anzusparen.

Stolte regte zudem einen Beschluss der Synode für eine gleichberechtigte Teilhabe in einer inklusiven Gesellschaft an. Zugleich solle das Kirchenparlament einen Prozess anstoßen, die EKM zu einer konsequent teilhabeorientierten Kirche zu machen. „Der Alltag ist das Herausfordernde bei allen Bemühungen um Inklusion“, sagte er. Rücksicht auf die Belange von Menschen mit Behinderungen im kirchlichen Alltag begänne manchmal schon damit, dass Rollstuhlfahrer mangels Rampen zum Abendmahl den Altarbereich erreichen können.

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Mehr Informationen auf der EKM-Webseite: https://www.ekmd.de/service/anerkennung-ddr-unrecht/


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