17.05.2022
Neues Faksimile der "Merseburger Zaubersprüche" fertig

Merseburg (epd). Von den mehr als 1.000 Jahre alten „Merseburger Zaubersprüchen“ gibt es eine neue, originalgetreue Kopie. 

Das Faksimile soll am 1. Juni der Öffentlichkeit präsentiert werden, wie die Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz am Montag mitteilten. Hintergrund ist, dass die wertvolle Original-Handschrift gemäß einem Erlass von 1930 nur noch selten öffentlich gezeigt werden darf.

Die einzigartige Handschrift gehört zu den wertvollsten Beständen der Domstiftsbibliothek. Die darin erhaltenen heidnischen Beschwörungsformeln wurden von einem Mönch vor mehr als 1.000 Jahren in Althochdeutsch aufgeschrieben. Benannt sind die aus dem 9. oder 10. Jahrhundert stammenden Schriften nach ihrem Fundort. Die Vereinigten Domstifter wollen in den nächsten Jahren die Aufnahme der „Merseburger Zaubersprüche“ in das Weltdokumentenerbe erreichen.

Das jetzt fertiggestellte Faksimile gleiche dem Original bezüglich Material und selbst kleinster Details „bis aufs Haar“, hieß es. Dafür seien aufwändig Pergamente bearbeitet, bedruckt und gebunden worden. Ausgeführt wurden die Arbeiten von der Hallenser Werkstatt „Goldene Esel. Atelier für Buchrestaurierung und Faksimiles“.

Entdeckt wurden die althochdeutschen Aufzeichnungen durch einen Historiker im Jahre 1841 in einer alten Handschrift. Ein Jahr später veröffentlichte der Sprachwissenschaftler Jacob Grimm (1785-1863) sie erstmals.

Die "Merseburger Zaubersprüche"

Merseburg (epd). Die „Merseburger Zaubersprüche“ sind die einzigen in Deutschland erhaltenen heidnischen Beschwörungsformeln. Sie wurden von einem Mönch vor mehr als 1.000 Jahren in Althochdeutsch aufgeschrieben und werden heute in der Domstiftsbibliothek Merseburg als deren wertvollster Schatz verwahrt. Benannt sind die aus dem 9. oder 10. Jahrhundert stammenden Schriften nach ihrem Fundort.

Die Zeilen geben magische Beschwörungsformeln aus vorchristlicher Zeit wieder. In seltener Ursprünglichkeit halten sie so heidnisch-germanisches Brauchtum fest. Durch Wiederholung, Gleichlauf und Schlussbeschwörung erzielen die Sprüche ihre magisch-zwingende Ausstrahlung.

Während der erste Vers gesprochen wurde, um Gefangene aus ihren Fesseln zu befreien, sollte mit dem zweiten die Heilung einer Fußverletzung bewirkt werden. Die „Merseburger Zaubersprüche“ sind das einzige bekannte althochdeutsche Sprachzeugnis, in dem Gestalten der germanischen Götterwelt auftauchen, wie etwa Wodan, Balder, Frija, Volla, Sunna, Phol und Sinhtgunt.

Entdeckt wurden die althochdeutschen Aufzeichnungen durch einen Historiker im Jahre 1841 in einer alten Handschrift. Ein Jahr später veröffentlichte der Sprachwissenschaftler Jacob Grimm (1785-1863) sie erstmals. Der Vertreter der bekannten Brüder Grimm wählte die „Merseburger Zaubersprüche“ zum Thema seines Antrittsvortrags an der Berliner Akademie der Wissenschaften am 3. Februar 1842. Grimm würdigte die überlieferte Handschrift dabei als Kostbarkeit, der „keine Bibliothek in Deutschland (..) etwas zur Seite zu stellen“ habe.

Wegen ihres Wertes und ihrer Empfindlichkeit wurden die Handschriften in den zurückliegenden Jahrzehnten nur äußerst selten und unter größten Schutzvorkehrungen im Original präsentiert. Dieser vorsichtige Umgang mit dem wertvollen Schriftgut ist bereits seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts so geregelt.

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