Die Freiheit zu gestalten: Michael Schneider, GKR-Vorsitzender in Weimar

Im Jakobsaal, gleich neben der Weimarer Jakobskirche, herrscht reger Betrieb. An den Tischen haben viele Menschen Platz genommen, junge, ältere, manche verbringen hier ihre Mittagspause, andere sind längst im Ruhestand.

Es duftet nach Spaghetti Bolognese. Willkommen sind hier alle, zu einem warmen Mittagessen, dazu eine Tasse Kaffee und Gebäck zum Preis von vier Euro. Wer kann, bezahlt etwas mehr und unterstützt damit andere. „Zu Tisch bei Jakob“ heißt das Projekt der Weimarer Kirchengemeinde, in diesem Jahr finanziert durch Spenden.

Auch Michael Schneider ist heute zum Mittagessen in den Jakobsaal gekommen. Seit 2008 sitzt er im Gemeindekirchenrat der Kirchengemeinde Weimar, seit 2014 leitet er das Gremium.  „Zu Tisch bei Jakob“ kennt er gut, es ist eines von vielen Projekten und Themen, mit denen sich der Gemeindekirchenrat beschäftigt. Sein Schwerpunkt: Haushalt und Finanzen: „Das ist die Arbeit im GKR, um die sich am wenigsten gedrängelt wird. Man hat so ein Querschnittswissen dadurch. Alles, was gemacht wird, muss auch bezahlt werden. Insofern landet zum Schluss alles im Haushaltsausschuss. Das ist so meine Sache, muss ich sagen.“

Der Weimarer Gemeindekirchenrat ist mit 33 Mitgliedern einer der größeren. Immerhin gehören zur Kirchengemeinde Weimar fünf Stadtsprengel und drei Dörfer. Für Michael Schneider eine gute Größe: „In so einem großen Gremium macht es Spaß. Man kann sich neigungsorientiert einsetzen. Finanzen z.B. sind nicht jedermanns Thema, Bauen ist nicht jedermanns Thema. Da kann man sich ein bisschen orientieren: Was passt zu mir?“

Als Schneider 2008 gefragt wurde, ob er nicht für den GKR kandidieren möchte, erkundigte sich der Familienvater und Geschäftsführer eines großen Dachdeckerbetriebs erst einmal nach dem Arbeitsaufwand. Er schmunzelt: „Das ist ja meist ein bisschen geschönt, wenn man sich so was beschreiben lässt. (lacht) Das habe ich für leistbar gehalten. Deswegen habe ich mich da gerne wählen lassen.“

Anfangs musste er die Hierarchien verstehen, also was entscheidet die Kreissynode, was der GKR und was macht die Landessynode? „Das muss man erst mal für sich klarkriegen. Das ist aus meiner Sicht am Anfang schon eine Herausforderung.“ Bereut hat Michael Schneider seine Entscheidung für den GKR bis heute nicht. Die Aufgaben sind vielfältig: Einen Haushalt aufstellen; regelmäßig die finanzielle Situation der Kirchengemeinde kontrollieren; anstehende Baumaßnahmen besprechen; Fördermittelanträge auf den Weg bringen…Das Jugendhaus Paula gleich neben dem Jakobsaal zum Beispiel wurde im vergangenen Jahr komplett saniert. Großes Thema für die nahe Zukunft ist die Herderkirche. Die braucht ein neues Dach: „Das sind ganz weite Wege, bis wir mal die finanziellen Möglichkeiten haben, das zu machen.“

Mittlerweile ist Michael Schneider seit 16 Jahren im GKR, seit 12 Jahren ist er Vorsitzender. Ein bis zwei Treffen in der Woche gehören dazu und nicht selten drei, vier Telefonate am Tag. Ganz schön viel für ein Ehrenamt: „Als ich den Vorsitz übernommen habe, habe ich schon erwartet, dass es deutlich mehr wird. Und das ist es auch geworden. Ich versuche, einmal in der Woche in der Gemeinde im Büro zu sein und auch bei allen reinzugucken und zu sagen, gibt’s noch irgendwas. Und es gibt meistens irgendwas. Das ist aber nicht schlimm. Es ist eher so, dass ich das als meine Aufgabe sehe.“

Was die Arbeit im GKR manchmal mühsam macht, sagt Michael Schneider, sind Ideen, die von der Landeskirche kommen; Beschlüsse, die die Landessynode gefasst hat und die dann von den Kirchengemeinden umgesetzt werden müssen. Ein aktuelles Beispiel treibt ihn gerade besonders um: „Diese Einheitskonten. Wir dürfen keine eigenen Bankkonten mehr haben als Kirchengemeinde. Das ist sicherlich für ein Dorf mit 60 Gemeindegliedern sinnvoll. Bei uns mit 7.500 Gemeindemitgliedern und jeder Menge Projekten, jeder Menge Baumaßnahmen ist das komplizierter. Das ist ein Synodenbeschluss und damit ein Kirchengesetz. Aber es ist uns wenige Hilfe dabei entgegengebracht worden. Und es sind Entscheidungen, die oft schrumpfende kleine Gemeinden im Blick haben. Da fühlt man sich nicht mehr so richtig gesehen an vielen Stellen.“ So ist z.B. nach wie vor ungeklärt, wie der Spendenautomat in der Herderkirche oder der PayPal-Account der Gemeinde an dieses zentrale Konto angeschlossen werden sollen. Der GKR weist seit einem Jahr darauf hin. Eine Lösung ist bislang nicht in Sicht.

Dennoch: Der 58jährige gebürtige Weimarer mag die Gremienarbeit. Aber das alleine reicht aus seiner Sicht nicht, um gute Arbeit im GKR zu machen: „Als GKR-Mitglied ist es auch wichtig, den intensiven Kontakt gerade zu den ganz aktiven Gemeindegliedern zu haben. Man sollte eine gewisse Aktivität in der Kirchengemeinde über die reine Sitzungskultur hinaus schon haben, ob das jetzt der Gottesdienst-Besuch ist, das Singen im Chor oder etwas anderes. Sonst weiß man ja gar nicht, worüber man entscheidet.“

Schneider besucht mit seiner Familie regelmäßig den Gottesdienst. „Wenn meine Frau und ich mal sonntags nicht im Gottesdienst waren, dann sagen wir, uns fehlt heute was. Ich nehme da wirklich was mit aus den Gottesdiensten. Ich lade dort meine Batterie auf.“

Bei der GKR-Wahl im Herbst wird Michael Schneider wieder kandidieren. Spannende Aufgaben stehen in den kommenden Jahren in Weimar an, das reizt ihn: die Sanierung der Herderkirche, Photovoltaik für die Kreuzkirche, die Neubesetzung einiger Pfarrstellen: „Man kann mit einem überschaubaren Aufwand Dinge beeinflussen und Dinge bewegen, ohne ununterbrochen Widerstände aus dem Weg räumen zu müssen. Wir können gestalten, wir haben die Möglichkeit, wir haben die Freiheit.“

Mehr Informationen zur GKR-Wahl im Herbst finden Sie hier: www.wahlen-ekm.de/


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