19.11.2023
Gottesdienst zum Volkstrauertag, Gedenkstätte KZ Außenlager Laura, 19.11.23, Regionalbischöfin Dr. Friederike Spengler
Gottesdienst zum Volkstrauertag, Gedenkstätte KZ Außenlager Laura, 19.11.23, 14 Uhr
Regionalbischöfin Dr. Friederike Spengler
Posaunen: Vorspiel
Begrüßung:
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.
Geschichte erinnern: Gedanken und Gedenken. Vor 80 Jahre wurde hier eines der vielen Außenlager von Konzentrationslagern als Arbeitslager errichtet. Denn, so war es der perfide Plan der nationalistischen Kräfte in Deutschland, Andersdenkende, - glaubende, -lebende, durch schwere, gefährliche Arbeit unter menschenunwürdigen Bedingungen mundtot zu machen, seelisch zu brechen, körperlich zu schwächen, leiden zu lassen, zu töten. Wir erinnern mit Gedanken und Gedenken heute an die namentlich bekannten ca. 600 Opfer dieses Lagers, und die weit über Tausend weiteren Menschen, die von hier durch Deportation und Todesmärsche ums Leben gekommenen.
Wir erinnern an die ein Leben lang traumatisierten Überlebenden. Wir gedenken der Familien, deren Trauer keinen Ort hatte, an die Eltern, die ihre Söhne und Töchter, beweinten, an die Frauen und Männer, die ihre Liebsten vermissten, an die Kinder, die ohne Vater oder Mutter aufwachsen mussten. Aus diesem Anlass begrüße ich Sie zum Gottesdienst in der Gedenkstätte Laura. Willkommen Ihnen allen.
Lesung aus der Bibel, wir hören Psalm 85
Könnte ich doch hören,
was Gott der Herr redet,
dass er Frieden zusagte seinem Volk
und seinen Heiligen,
damit sie nicht in Torheit geraten.
Doch ist ja seine Hilfe nahe denen, die ihn fürchten,
dass in unserem Lande Ehre wohne;
dass Güte und Treue einander begegnen,
Gerechtigkeit und Friede sich küssen;
dass Treue auf der Erde wachse
und Gerechtigkeit vom Himmel schaue;
dass uns auch der Herr Gutes tue,
und unser Land seine Frucht gebe;
dass Gerechtigkeit vor ihm her gehe
und seinen Schritten folge.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn
und dem Heiligen Geist,
wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit
und in Ewigkeit. Amen.
EG 154, 1-5 „Herr, mach uns stark im Mut, der dich bekennt“
Kyrie: Herr, Gott des Trostes. Beinahe 80 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs erinnern wir uns an das Leid, das über Menschen vieler Nationen gekommen ist. Wir denken an die damit verbundene Schuld Deutschlands und rufen zu dir „Kyrie eleison“ – Herr erbarme dich.“
Herr Jesus Christus. Bis heute trauern Menschen um den Tod von Frauen, Männern und Kindern, die dabei ums Leben kamen. Auch die durch Folgen des Krieges geschehene Vertreibung, Misshandlung und Vergewaltigung hat tiefe Wunden geschlagen. Deshalb rufen zu dir: „Christe eleison“ – Christe erbarme dich.“
Gott, Heiliger Geist. Wir klagen dir, dass es erneut heute Ausgrenzung und Stigmatisierung von Minderheiten, Gewalt gegen Andersdenkende, Verunglimpfung von Menschen anderen Glaubens, Lebensweisen oder anderer Herkunft gibt. Betroffenheit ist gut, aber längst nicht mehr genug. Um Kraft für Zivilcourage bitten wir dich, rufend:„Kyrie eleison - …Herr erbarm dich über uns.
Gloria: Gott. Wir sind dankbar die Jahrzehnte des Friedens in unserem Land. Verdient haben wir das nicht. Frieden ist dein Geschenk. Wie gehen wir damit um? Auch wenn es immer neu schwer ist, Demokratie gut zu gestalten und dem politischen und sozialen Frieden zu dienen, wissen wir doch diese Form des Miteinanders von Menschen zu schätzen. Wir sind froh, dass wir unsere Meinung offen sagen und unseren Glauben ohne Angst vor Vefolgung leben können. Darüber loben wir dich rufen zu dir: „Ehre sei Gott in der Höhe….“
152 Wir warten dein, o Gottes Sohn
Geschichte erinnern. April 1945
Nummer 610
Noch glitzern nächtliche Sterne hell
über dem dunklen Wald.
Grell schrillen die Pfeifen zum Morgenappell:
Tagschicht heraus, heraus - wird`s bald!
Da poltern wir aus schlafwarmen Saal
hinaus in des Tages Qual.
„Tagschicht tritt an!“: 380 Mann.
Kalt weht der Wind durchs enge Tal.
Wir hüllen in dünne Decken uns ein,
wir stehen wartend in langen Reih’n,
nach Nummern geordnet zu Drei`n.
Die schwarzen Schergen zählen und fluchen,
sie müssen unsere Nummer verbuchen.
Dann lassen sie uns noch lange stehn.
Es fehlt eine Nummer: 610.
610, ein Buchdrucker aus Berlin,
siebzehn Jahre alt, ich kenne ihn.
Hat neulich von seinem Heimweh gesprochen
und daß er doch gar nichts hat verbrochen
und daß nun Mutter aus der Wohnung raus,
weil Bomben zerschlugen das ganze Haus.
So sehe ich ihn noch vor mir stehn
mit dicken Brillengläsern: 610.
Schon haben die Spürhunde ihn gesucht,
und der Sturmbannführer hat mächtig geflucht.
Er hat uns die Hölle an den Hals geschrien,
und dann auf der Straße brachten sie ihn.
Angestrahlt im Scheinwerferlicht,
doch hinein ins Lager kam er nicht.
Vor dem Tor ist er zusammengebrochen,
er war ganz still und hat nichts mehr gesprochen,
Zerschlagen, verstümmelt und zerschunden,
zerrissen, zerbissen von den Hunden,
so lag er da und sein Blut floß dahin.
War er jetzt daheim bei Mutter in Berlin?
Der Sturmbannführer legte aufs Neue los:
Soll keiner von euch sich einbilden bloß,
daß er die Heimat wird wiederseh`n .............
Doch mit einmal ferne Sirenen ertön
und in der Höhe Motorengebrumm,
und der Sturmbannführer ist plötzlich stumm.
Die Lichter verlöschen - voll Hoffnung, doch bang,
stehen wir stumm zehn Minuten lang.
Die anderen rennen hin und her --
und fluchen noch mehr.
Hinterm Wald aufleuchtet Feuerschein,
taucht alles in fahles Licht hinein.
Dann kommt der Befehl. Wir marschieren ab,
am Boden liegt einer - fast noch ein Knab,
Kamerad, Kamerad 610.
Solln wir stumm und verzweifelt vorübergeh’n?
Einer tritt vor -
dort am Tor,
hat sich niedergebückt,
die halboffenen Lider ihm zugedrückt.----
“Und wenn die Welt voll Teufel wär --”
das lasst uns singen zu seiner Ehr.
Nur zaghaft klingt erst der Gesang,
dann aber schallt es das Tal entlang
“Groß Macht und viel List
sein grausam Rüstung ist,
ein Wörtlein kann ihn fällen.”
Der Verfasser Karl Regensburger, war Häftling im Außenlager des KZ Buchenwald, Sitzendorf (ein als getaufter Jude gegen die Politik der Nazis anpredigender Pfarrer der Bekennenden Kirche) und mein Großvater (*1905 +1975),
Lied: 430 Gib Frieden Herr
Ansprache Teil I:
Manche Erinnerungen sind auch noch nach 80 Jahren schwer auszuhalten. Für Menschen, die Spuren des Schreckens in der eigenen Lebensgeschichte tragen. Für Familien, die unmittelbar betroffen sind. Auch für uns, die wir mit unseren Vorfahren aus Tätern, Mitläufern und Opfern, die eine Geschichte als unsere Geschichte teilen.
Hier in Laura, auf dem Boden des Gedenkortes an das ehemalige Arbeitslager lese ich ein biblisches Wort, das vor zweitausendfünfhundert Jahren an die Israeliten in den Arbeitslagern Babylons erging. Worte an ein Volk, das sich vergessen und verlassen fühlte, ohnmächtig klagend Verlorene und Verlorenes betrauerte. Der Prophet Jesaja schreibt: „Gott spricht: Ich will dich nicht vergessen. Siehe, ich habe dich eingezeichnet in meine Hände!“ (Jesaja 49,15-16). Das kannte der Prophet aus seinem Umfeld: Verliebte ließen sich Namen oder Initialen des Geliebten in die Handflächen schreiben. Damit ging die Liebe förmlich unter die Haut. „Was auch geschieht – ich vergesse dich nicht!“, hieß das. Sollte also Gott doch seine Menschen nicht vergessen haben? Trägt Gott die Namen der hier Gedachten und der hier Vergessenen wie ein Verliebter mit sich herum? Das klingt doch absurd angesichts der Weltgeschichte, damals und heute! Dennoch: Als eine, die eingesetzt und beauftragt ist, das Wort Gottes weiterzusagen, so wieder jede und jeder Getaufte, hat den Auftrag, den Spruch Gottes als lebendiges, voll gültiges, bis heute ganz und gar wahres Wort auszusprechen: „Gott spricht: Ich will dich nicht vergessen. Siehe, ich habe dich eingezeichnet in meine Hände!“ Und so vertraue ich mit euch darauf, dass die, derer wir uns heute erinnern, in Gottes Gedächtnis aufbewahrt sind und dort einen würdevollen lebendigen Ort haben. Ist das ein zu schwacher Trost angesichts all des Furchtbaren, dessen wir heute gedenken? Nur Vertröstung mit Blick auf die Kriegsgebiete dieser Erde?
Nein. Denn, wenn wir mit Gottes Wort im Ohr Gott selbst erinnern, geben wir allen vom Vergessen Bedrohten einen Ort, ein Unvergessen. Indem wir mit Gottes Wort im Ohr Gott selbst erinnern, nehmen wir für einen Augenblick Abstand von der abgrundtiefen Bosheit, Feigheit, Geschichtsvergessenheit und Gedankenlosigkeit – auch unserer eigenen – und bringen Gott in unser gottloses Spiel. Nehmen ernst, dass er uns Kraft für das Gute, für Friede und Gerechtigkeit geben kann. Nehmen an, dass er uns unseren Widerstand will gegen alle Beschädigung des Lebens. Gott will uns stark machen für die Achtung der Würde jedes Menschen, für die Freiheit des Denkens und Redens. Denn Gott spricht: „Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände! Ich will dich nicht vergessen!“ Dieses Wort kann nicht folgenlos bleiben. Es läutet bereits heute die Veränderung der Verhältnisse von morgen ein. Heute beginnen, wie wir morgen leben wollen. Das folgende Lied fasst dies noch einmal in Worte:
Lied: EG 426, 1-3 „Es wird sein in den letzten Tagen“
Ansprache, Teil II:
Gedenken. Zum Gedenken sind wir heute hier. Gedenken des Leides, symbolisiert in einem Meer von Tränen. Im Buch der Psalmen heißt es: „ 2 Gott, sei mir gnädig, denn Menschen stellen mir nach; täglich bekämpfen und bedrängen sie mich.
3 Meine Feinde stellen mir täglich nach;
denn viele kämpfen gegen mich voll Hochmut.
4 Wenn ich mich fürchte, so hoffe ich auf dich.
9 Zähle die Tage meiner Flucht, /
sammle meine Tränen in deinen Krug;
ohne Zweifel, du zählst sie.
„Sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie“. Wir wollen jetzt gedenken, indem wir Gott symbolisch die geweinten und die ungeweinten Tränen in seinen Krug füllen
(Prise Salz für jeden Menschen/jede Menschengruppen ins Wasser geben:)
Tränen um die Verletzten, Vergewaltigten, Verstümmelten;
Tränen um die Verschleppten, Vertriebenen, Gefangenen, Gefolterten;
Tränen um Angehörige, die zurückgelassenen Kinder, verwitweten Frauen,
Tränen um Väter, Söhne, Brüder und Cousins, Freunde und Bekannte, Klassenkameraden und Nachbarn.
Tränen um die Vermissten und Verschollenen;
Tränen um die Vereinsamten, für die um ihre Heimat, ihre Kindheit gebrachten;
Tränen um Menschen aller geographisch, politisch, kulturell und religiösen Zugehörigkeiten, die durch Deutschland zu Schaden kamen;
Tränen um das, was aus Deutschland geworden ist, als Synagogen, Geschäfte und Bücherhaufen brannten,
Tränen um die durch die Euthanasie Ermordeten,
Tränen dafür, dass der Mensch des Menschen Wolf wurde; voll Hass, Stolz, Wahn, Geldgier und Verblendung;
Und wir gedenken heute auch mit Tränen der Verzweifelten und Hoffnungslosen in den Kriegen in der Ukraine, in Gaza, in Südafrika und an vielen anderen Orten der Erde;
Tränen gelten auch allem Ungenannten, für das, was uns hier und heute beschäftigt:...
Sammle unsere Tränen in deinen Krug, Gott. Amen
Und wir? Heute, jetzt und hier? Welches Erbe gibt uns der Tag, welche Aufgaben stehen für uns an? Im Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom, aufgeschrieben in der Bibel, lesen wir davon, wie wir um Gottes willen leben sollen, damit Friede bleibe und Friede werde:
(Röm 12): Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.18 Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.
19[Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5.Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.« 20 Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« 21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“
Diese Sätze, fast zweitausend Jahre alt, haben an Aktualität nichts verloren. Der Briefschreiber, einst selbst Verfolger Andersgläubiger, hat verstanden: Der Samen für den Frieden liegt im Tun der Menschen untereinander. Der Satz „Da können wir doch eh nichts machen“ gehört endgültig der Vergangenheit an, denn „wenn viele an vielen Orten viele kleine Schritte tun, wird sich das Gesicht der Welt verändern.“ Dass, was Paulus der Gemeinde von Rom ins Stammbuch schreibt, schreibt er mit der Autorität göttlichen Auftrags auch uns mit großen Buchstaben in selbiges:
„Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist's möglich, soviel an dir liegt, so habe mit allen Menschen Frieden.
»wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu trinken.
Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“
Wir brauchen mehr denn je den Mut, in dieser Haltung zu leben. Auch gegen den Widerstand derer, die uns einreden wollen, dass das Idealismus ist, ohne Aussicht auf Erfolg. Auch gegen den Widerstand derer, die auf ihre Stärke zählen und sich als Wölfe im Schafspelz mit rechtsstaatlichen Mitteln unter uns breit machen.
Wir brauchen heute wieder den Mut von Hans und Sophie, Dietrich und Wolfgang und Rosa und Wilhelm, Friedrich und Moses und Rahel und Anne und Jim und Pieter und Pjoter und Dimitrie und Jesus und …
Heute müssen es unsere Namen sein. Du und ich, wir wollen aufstehen gegen das Unrecht, dass anderen angetan wird, du und ich, wir werden einstehen für die Minderheiten, die schon wieder zu den Sündenböcken der Gesellschaft gemacht werden, du und ich, wir wollen unseren Kindern den Frieden ausmalen, phantasievolle, bunt und schön, damit das Kriegstreiben keine Zukunft hat, denn uns ist gesagt:…. „lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.
Und Gott, der Vater allen Friedens und aller Gerechtigkeit, der schenke uns seine Kraft und seinen Mut – seinen Segen zu allem Bemühen. Amen.
Lied: 421 Verleih uns Frieden
Wir beten weiter: Vater unser…
Gott spricht zu Dir: Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.
Segen
Posaunen: Nachspiel
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KZ-Gedenkstätte Laura
(im „Fröhlichen Tal“ bei Schmiedebach, Stadtteil von Lehesten)
www.kz-gedenkstaette-laura.de
Berührung mit dem Ort/Thema schon bei GD zu 950+ Jahre Lehesten am 25.06.2023 (s. dort:
Im „Fröhlichen Tal“ beim heutigen Stadtteil Schmiedebach wurden im Zweiten Weltkrieg Triebwerke für die V2-Rakete von bis zu 1227 Kriegsgefangenen gebaut und getestet. Wenn Zwangsarbeiter durch die unmenschlichen Lebensbedingungen starben oder erkrankten, wurde die Belegung durch Neuzugänge aus dem KZ Buchenwald oder von Stammlagern aufgefüllt. Zu den 603 nachgewiesenen Todesopfern kamen mindestens tausend weitere Häftlinge, die in die KZ Bergen-Belsen und Dora-Mittelbau deportiert worden waren. Auf den Evakuierungsmärschen im April 1945 starben zahlreiche weitere Häftlinge. Seit 1956 erinnert an die Tragödie ein Gedenkstein und seit 1979 eine Gedenkstätte (KZ-Gedenkstätte Laura (Fröhliches Tal), Außenlager des KZ Buchenwald), die seit 1989 schrittweise umgebaut wurde.
Quelle: Webseite Lehesten)
Das KZ-Außenlager Laura war ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald bei Lehesten. Die Überreste des Lagers sind heute Kulturdenkmal und bilden eine Gedenkstätte für Opfer des Nationalsozialismus.
Bei der Rüstungsindustrie erfolgte im Verlauf des Zweiten Weltkrieges zum Schutz vor Bombenangriffen eine Untertage-Verlagerung in unterirdische Produktionsstätten. Eine davon befand sich in Lehesten unter dem Tarnnamen „Vorwerk Mitte Lehesten“. Dort wurden die Triebwerke der V2/A4-Rakete getestet. Damit war auch eine enge Zusammenarbeit mit der von Peenemünde verlagerten Raketenherstellung im KZ Mittelbau-Dora gegeben. Das Konzentrationslager wurde 1943 nahe dem Ort Schmiedebach im sogenannten Fröhlichen Tal aufgebaut. Hauptgebäude war eine große Scheune aus dem Jahr 1929, in der bis zu 800 Menschen untergebracht waren. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren allein wegen der Enge menschenunwürdig. Eine kleine Scheune wurde zur Häftlingsküche ausgebaut, ehemalige Stallungen dienten als Arrestbunker. In einer alten Schieferspalthütte, die auch als „Strafblock“ genutzt wurde, wurden von Okt. 1943 bis Ende Juni 1944 ca. 170 italienische Soldaten interniert.
Von 2600 Häftlingen vor allem aus der Sowjetunion, Polen, Frankreich, Italien, Belgien und den Niederlanden starben mindestens 550 Menschen. Die SS transportierte am 13. April 1945 die Häftlinge ins KZ Dachau ab, zurückgebliebene Insassen wurden noch am selben Tag von den Alliierten befreit. Verurteilungen von Tätern erfolgten u. a. in den Buchenwalder Nebenprozessen.
1956 wurde auf dem ehemaligen KZ-Gelände ein Gedenkstein aufgestellt, seit 1979 wurde ein Teil der zentral gelegenen Scheune als Gedenkstätte genutzt. Seit 1985 erinnert eine Stele am Ortsausgang der Stadt Wurzbach in Richtung Bad Lobenstein an einen Todesmarsch im Frühjahr 1945. Auf dem Neundorfer Friedhof sind zwei ehemalige Häftlinge beerdigt. Inzwischen ist das ganze Areal des ehemaligen Häftlingslagers Teil der Gedenkstätte und wird seit 2011 vom Landkreis Saalfeld-Rudolstadt als Träger und Eigentümer der Immobilie mit Fördermitteln des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur saniert. Zur Bewahrung trägt der Förderverein KZ-Gedenkstätte Laura e. V. bei. (Quelle: Wikipedia)