24.05.2018
Predigt im Landtag von Oberkirchenrat Christhard Wagner am 24.05.2018

Lesung Jesaja 29, 17-20

20 Denn es wird ein Ende haben mit den Tyrannen und mit den Spöttern aus sein, und es werden vertilgt werden alle, die darauf aus sind, Unheil anzurichten.

Liebe Geschwister,

„Alles wird gut“ – das hören und sagen wir oft. Wenn die Enkelin hingefallen ist, wenn eine Beziehung zerbrochen ist, wenn ein Freund vom Arzt eine schlechte Diagnose erhält oder nicht mehr ein noch aus weiß.
In solchen Situationen brauche ich jemanden, der tröstet, der Halt gibt, der mir sagt: alles wird gut.

Worte, nur so dahingesagt, vertrösten und helfen nicht. Wie oft wird ohne echte innere Anteilnahme dahingesagt: Alles wird gut. Nur um schnell aus der mir unangenehmen Situation herauszukommen, den anderen in seiner Not nicht wirklich wahrzunehmen.

Die Worte Jesajas sind Trost, keine Vertröstung.

Denn er stellt sich der schlimmen Situation, in der sich Viele seiner Landsleute befinden. Er beschönigt nichts. Er benennt die elenden Umstände: Tyrannen, die das Recht beugen. Spötter, die Unheil anrichten. Korruption und himmelschreiende Ungerechtigkeit im Lande.

Und Menschen, die darunter leiden.
Diesen sagt er: auch wenn euer Elend groß ist: Alles wird gut!

Und – das ist entscheidend: er vertröstet sie nicht auf den Sankt Nimmerleinstag. Er sagt: nur noch eine kleine Weile. Er sagt:  Gott findet sich schon heute nicht mit eurem Elend ab. Er steht schon heute an eurer Seite und verspricht:  es wird ein Ende haben. Noch eine kleine Weile. Das Reich Gottes wird kommen.

Dies ist die typisch religiöse Zukunftsmusik,
Wir sagen fröhlich: von dieser Zukunftsmusik lassen wir uns schon heute berühren.
Die Worte des Propheten – sie beschwingen mich.  Auch wenn es offensichtlich genug Gründe zur Resignation gibt: Gott siegt. Gott Er kommt uns mit seiner neuen Welt entgegen. Und wir gehen auf ihn zu. Mit seiner Musik tanzen wir ihm entgegen.

Wir wissen: der Weg ist weit und nicht stolperfrei.
Aber entscheidend ist:  Nichts muss so bleiben wie es ist. Unser Weg ist keine Sackgasse – sie führt auch nicht auf einen Abgrund zu, wie so viele befürchten. Unser Weg führt in die neue Welt Gottes,  sein Friedensreich.


Diesen Weg auf Gottes neue Welt hin beschreibt der Prophet.
Am Anfang  steht das Hinweisschild:
Ihr dürft darauf hoffen:

Das gilt für die Welt um uns, das gilt genauso für unser Land, ja, für die ganze Welt. Selbst für unsere Kirche.
Weil Gott der Herr der Welt ist – und nicht die Umstände, die Herren dieser Welt oder die Sachzwänge, tanzen wir zur Zukunftsmusik Gottes.

Auf diesem Weg der Hoffnung erleben wir schon heute: ja, diese Welt ist zum Guten veränderbar.
Es gewinnen nicht immer die Gewalttäter, die Rücksichtslosen, die Egoisten.
Alles wird gut.

Und Jesaja lässt nichts aus. Politik, Religion, Gesellschaft.
Aus der Fülle der Verheißungen Jesajas will ich  drei herausgreifen:

Die erste:

Wir wissen:  Das Karmelgebirge mit seinen herrlichen Zedern war zu Jesajas Zeiten Opfer des Raubbaus geworden. Dazu war das Ackerland im Gefolge der Rodungen verkarstet. Mensch und Tier verloren ihren Lebensraum.
Das kommt uns bekannt vor. Ich sage nur Amazonas oder Braunkohletagebau.


Experten meinen, dass der Kampf gegen den Klimawandel verloren ist und die Lebensgrundlagen für große Teile der Welt unumkehrbar zerstört sind.
Die einen verschließen die Augen davor und sagen: da ist nichts,  noch zynischer: für mich reicht´s noch.

 sagen: auch wenn es nach menschlicher Erkenntnis zu spät ist: lasst uns mit Gebet, Herz und Hand das uns mögliche tun, damit unsere Enkel eine Zukunft haben.

Wenn wir Gott ins Spiel bringen, ist nichts unmöglich. Wir werden die Aufgaben entdecken, die Gott für uns bereitgestellt hat – und werden sie anpacken. Und Gott wird mit uns sein.

 zweite Verheißung:
Dann wird es ein Ende mit den Tyrannen und mit den Spöttern haben…
In DDR- Zeiten hätte ich wahrscheinlich darüber gesprochen, dass jede Tyrannei ein Ende haben wird. Das haben wir erlebt und können es bezeugen: der Prophet hat recht. Auch wenn die kleine Weile, von der er spricht, uns ewig lang vorgekommen ist.

Doch heute will ich an die Spötter denken.
Mit Spöttern sind nicht die Komiker und Scherzkekse der Nation wie Mario Barth oder Otto Wahlkes gemeint.
Spötter sind bei Jesaja Menschen, die Gott und die Menschen herabsetzen, denen nichts heilig ist, die andere wegen ihres Glaubens verachten. Die keine Ehrfurcht vor der Würde anderer Menschen haben und keine Ehrfurcht vor Gott. Die ihrem eigenen Glauben nicht trauen und deshalb ängstlich und aggressiv die Gefahr anderer Religionen heraufbeschwören.

Manche von uns haben das in der DDR- Schule oder an anderer Stelle erlebt. Heute erleben wir es  besonders gegenüber Juden und Muslimen .
Jesaja sagt: das ist nicht gottgewollt. Das muss auch nicht so bleiben. Überlasst nicht den Spöttern das Feld. Zeigt Flagge, wenn Menschen wegen ihrer Religion angegriffen werden. Heute tragen Menschen in Berlin und in Thüringen Kippa.  Gott verspricht: ich stehe an eurer Seite.

Ich schaue auf eine letzte Verheißung:

Gemeint sind die Menschen, für die die Bibel ein Buch mit sieben Siegeln ist. Die keinen Zugang zum Glauben haben. Denen niemand dabei hilft, weil es der einzige Erfolg der DDR war, über mehrere Generationen hinweg das Christentum aus der Hör- und Sichtweite vieler Menschen zu drängen.
Und so sieht es aus in unserem Land: Viele können die Stimme des lebendigen Gottes, die uns tröstet und ermutigt, nicht hören.

Auch hier gilt: Nichts muss so bleiben wie es ist. Wir müssen uns überhaupt nicht damit abfinden, im Epizentrum der vermeintlichen Gottlosigkeit zu leben.
Auch die Menschen, die Gott nicht sehen und hören, sind nicht gottlos. Er wohnt um die Ecke. Er wartet auf uns. Er kommt uns entgegen und öffnet denen, die darum bitten, die Ohren und Herzen.

Ich komme zum Ende. Ihr kennt vielleicht den Satz: „

Jesaja sagt : In Gottes neuer Welt wird alles gut. Aber nicht erst dann.

Wenn ihr mir vertraut, auf mich hofft, könnt ihr mit mir über Mauern springen.

Könnt ihr meine Zukunftsmusik zur Begleitmusik eures Lebens machen.

Ich bin mit euch. Nichts muss so bleiben wie es ist. Alles wird gut.

Amen.

 


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