14.08.2022
Ansehen
Sonntag – 35 Grad im Schatten
Wenigstens ein kleiner Spaziergang muss sein.
Oben auf dem Berg ein kleines Ausflugslokal.
Alle Tische sind besetzt.
An einem Tisch ein alter Herr.
Er schaut uns freundlich einladend an.
Wir setzen uns dazu.
Sein Apfelstrudel sieht sehr gut aus.
Der Chef nimmt unsere Bestellung auf.
Eine Minute später steht der Kaffee und der Apfelstrudel mit dem Eis vor mir.
Ein perfekter Apfelstrudel, extrem lecker.
Kommt der Chef vorbei und fragt:
„Na, schmeckt`s?“
Ich antworte wahrheitsgemäß: „Danke, sehr lecker!“
„Das darf man ihnen auch ansehen!“ war seine prompte Antwort.
Mich hat diese Antwort umgehauen.
Der Ton war weder unverschämt, noch frech, eher charmant und ermunternd.
Und ich habe noch lange darüber nachgedacht.
Wenn wir uns ärgern, sauer sind, ungerecht behandelt fühlen, dann finden wir
schnell Worte oder man sieht es uns wenigstens an.
Aber wenn uns Gutes widerfährt, schweigen wir oft, oder eben, man sieht es uns nicht an.
Um eines klarzustellen: Beim Bezahlen bedanke ich mich immer und sage auch, wenn es mir besonders gut geschmeckt hat.
Aber eben mit dem Ansehen ist das so eine Sache.
Bei anderen fällt mir das sehr schnell auf:
Man darf uns doch ansehen, dass wir dankbare und fröhliche Menschen sind.
Auch für uns selbst ist das Leben leichter, wenn wir den Mut haben, uns Freude auch mal ansehen zu lassen.
Ich finde, dieser Sonntag ist eine gute Gelegenheit, dass mal wieder auszuprobieren Meint
Pfarrerin Renate Höppner aus Magdeburg