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31.07.2024
Baumhaus

Meine Schulzeit habe ich in einer kleinen Stadt saaleaufwärts verbracht. Unser terrassierter Garten zog sich von der Stadt hinauf bis an die Mauern des Residenzschlosses. Besonders der obere, verwilderte Teil des Gartens war unser Paradies.
Ende der 1990er Jahre errichtete mein Bruder in diesem Dickicht unterhalb des Schlosses ein Baumhaus. Einen ganzen Sommer hat er investiert. Zusammengeschreinert mit viel Phantasie, aus Bauholz und Sperrmüll. Auf manches Werkzeug wartet mein Vater wohl bis heute. Das Baumhaus aber konnte sich sehen lassen.
Wenn sich im Winter das Laub zurückgezogen hatte, konnten wir den Touristen auf der Schlossterrasse in die Augen sehen, so hoch oben waren wir. Sogar der Stadtrat beschäftigte sich einmal mit dem Baumhaus. Weil es die Sicht verschandele, solle es abgerissen werden. Das geschah natürlich nie.
Neulich war ich zu Besuch in der kleinen Stadt saaleaufwärts. Auf verwunschenen Pfaden schlendere ich an unserem alten Haus vorbei und hinauf gen Schloss. Und siehe da, zwischen den Wipfeln erblicke ich es: das Baumhaus meines Bruders. Bemoost, aber stolz steht es da. Es hat Wind und Wetter und allen Stadtratsbeschlüssen getrotzt. Beim Anblick ist dann alles wieder da: die endlosen Tage im Garten, der Geruch von Erde und Grasflecken auf der Hose.
Den Wert der Dinge erkennst du daran, wie schön sie altern, denke ich mir.
Sammeln Sie gute Erinnerungen in diesem Sommer. Für später. Denken Sie nicht zu groß und zu weit. Frech achtet die Liebe das Kleine.

Conrad Krannich aus Halle.

 


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