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12.09.2017
Das Parthenon der verbotenen Bücher

„Pistolen? Bibeln?“ Der Grenzer zieht die Augenbrauen hoch und schaut mich fest an. „Nein“, sage ich. Und: „Glück gehabt“ denke ich. Hätte ich doch beinahe meine Bibel eingesteckt. Das war 1988, an der Grenze zu Rumänien. Es war natürlich verboten, Pistolen zu schmuggeln. Aber es war genauso streng verboten, Bibeln ins damals sozialistische Land zu bringen. Die Grenzer haben unser Gepäck durchwühlt, damit wir nicht doch solch explosive Ware ins Land schaffen.
„Pistolen? Bibeln?“ - Daran musste ich denken, als ich in Kassel vor dem Parthenon der verbotenen Bücher stehe. Es ist ein Kunstwerk der documenta, der Ausstellung moderner Kunst. Es wurde auf dem gleichen Platz errichtet, wo 1933 von den Nazis Bücher verbrannt worden waren.
Aus aller Welt wurden jetzt zigtausende Bücher gespendet, die irgendwo verboten waren oder noch verboten sind. Darunter George Orwells „Farm der Tiere“ – verboten in der damaligen Sowjetunion - oder „Emil und die Detektive“ von Erich Kästner - verboten während der Nazizeit in Deutschland. Und heute die Bibel – verboten in vielen Ländern. Mit all diesen Büchern wurde das wohl berühmteste Gebäude der Welt nachgebaut, das Parthenon der Akropolis in Athen - der Ort, der als Wiege der Demokratie gilt.
Es sind Bücher, die Sehnsucht wecken. Sehnsucht nach Freiheit. Bücher, die die Macht von Herrschern in Frage stellen. Bücher voller Hoffnung auf eine andere Welt.
Einer der gefährlichen Sätze der Bibel lautet: (Joh 8,32) „… Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“
Keine Angst vor klugen Gedanken, sondern: Lust auf neue Ideen – wünsche ich Ihnen heute.

Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg


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