05.09.2024
Der Mönch am Meer
Caspar David Friedrich hat einen Teil seines Lebens auf Rügen verbracht. Man kennt seine Bilder mit Kreidefelsen. Heute ist sein 250. Geburtstag.
Er malte die Menschen meist von hinten. Man sieht sie auf seinen Gemälden oft vor großer Landschaft stehen. Und so schaue ich mit ihnen in die gleiche Richtung.
Ich mag besonders sein Bild „Mönch am Meer“. Am unteren Bildrand ein wenig Sand in beige. Dazu ein schmaler Streifen Meer, weiße Gischt auf den dunklen Wellenkämmen. Und darüber breitet sich der Himmel groß und weit aus. Mehr als dreiviertel der Gesamtfläche. Friedrichs Frau sagte Besuchern, man dürfe ihn nie stören, wenn er Himmel malt. Das sei beim ihm wie ein Gottesdienst.
Da steht also eine kleine Person in einer schwarzen Kutte verloren am Strand und blickt übers Meer. Weiter ist nichts auf dem Bild. 1810 wird es ausgestellt, doch die Leute lachen den Künstler aus. Dieses Bild ist eine Zumutung für ihre Sichtweise: „Das ist doch keine Kunst. Das ist lächerlich. Da ist nichts zu sehen.“
Auch der 15jährige Kronprinz Friedrich Wilhelm der Vierte schaut sich das Bild an. Er hat vor kurzem erst seine Mutter verloren. Hier erkennt er sich wieder. Verloren und allein. Während die Wolken dahinziehen und die Wellen unaufhörlich an den Strand schlagen. Der Blick aufs dunkle Wasser und in den grauen Himmel tröstet ihn. Der 15jährige sieht dort, was andere nicht sehen können. Er schaut hinter das Sichtbare. Ahnt den Gottesdienst des Malers. Er steht selbst am Strand wie der Mönch auf der Suche nach Gott, dem Unbegreiflichen.
Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg