Angedacht, MDR, Radio, Radio-Andacht, Radio-Andachten, Radioandacht, Radioandachten,

31.10.2024
Eine feste Burg und wehrhafte Bürger

Die Geschichte, die in Wittenberg mit Martin Luther begann, dauert bis heute an! Auch wenn heute wahrscheinlich niemand mehr die Hammerschläge an der Schlosskirche in Wittenberg hört und die meisten einfach nur froh sind, mitten in der Woche einen Tag frei zu haben. Ich selbst kannte, bis ich zwanzig war, gar keine staatlich geschützten kirchlichen Feiertage – ob Reformationstag oder Heiligabend. Gefeiert wurde in Siebenbürgen aber trotzdem: am Abend nach der Arbeit. So habe ich schon als Jugendlicher „Ein feste Burg ist unser Gott“ mit seiner schwerfälligen Melodie auswendig singen gelernt – und dass Gott eine schützende Burg ist, das war in der Kirchenburg in Meschen leicht vorstellbar. Sangen wir doch in der alten Kirche, umgeben von dicken Ringmauern mit Pechnasen und Schießscharten. Die zwar ihren Zweck schon vor langer Zeit verloren hatten, sie gaben uns aber das Gefühl, dass wir dort sicher waren. Und die Zeile: „Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen“ hat bis heute nicht an Aktualität eingebüßt. Es gibt sie noch, die Teufel, die Hass schüren. – So wie diejenigen, die Stolpersteine zum Gedenken an ermordete jüdische Bürger aus dem Pflaster reißen. Jüngst passiert in Zeitz und in Halle. Solche Zeitgenossen müssen wir ohne Angst entgegentreten. Mit bürgerlicher Courage und dem Schwert der Justiz. Neue Stolpersteine werden an die Ermordeten in Zeitz und in Halle wieder weiter erinnern. Das Geld dafür wurde schon gespendet. Stolpersteine lassen sich ersetzen, Menschenleben nicht. Wäre der Widerstand damals größer gewesen, bräuchten wir heute keine Stolpersteine!

Johann Schneider, evangelischer Regionalbischof aus Halle


Bleiben Sie mit unseren Newslettern auf dem Laufenden.

Hier Abonnieren

Die besten News per E-Mail - 1x pro Monat - Jederzeit kündbar