29.10.2024
Hoffnung und Lust zu leben in Odessa
Im Sommer war ich einige Tage in Odessa – der dortige evangelisch-lutherische Pfarrer „Oleg“ hatte meine Frau und mich eingeladen, die Gemeinden zu besuchen und dort Gottesdienste zu feiern. Erst war ich sehr unsicher, ob das nicht viel zu gefährlich ist – dort ist Tag und Nacht Krieg, und die Reisewarnungen sind eindeutig. Nach sorgfältiger Planung und Beratungen mit einem Freund, der kürzlich in der Ukraine gewesen war, haben wir uns schließlich Busfahrkarten gekauft und sind mit einem Stoßgebet mit dem Linienbus von Chişinău nach Odessa gefahren. Dort angekommen, wurden wir von dem Gemeindeleiter eingewiesen, wie wir bei Luftalarm schnellstens in einen Schutzraum gelangen. Die Warnapp alarmiert sehr präzise bei Gefahr durch die russischen Angriffe. Anders, als erwartet waren in Odessa abends die Straßen voll. Das pralle Leben: Im Park spielten viele Kinder – die Lokale hatten kaum einen Platz frei, Straßenmusik. Das hatte ich nicht erwartet. Odessa ist eine Perle am Schwarzen Meer – mit angenehmem Klima. In den Fenstern, statt mit Glas mit Spanplatten verschlossen, sieht man die Schäden der russischen Raketen und Drohnen. In den Gemeinden leben heute Flüchtlinge aus dem Donbass und der Südukraine und ältere Frauen. Es ist ein großer Unterschied, in Deutschland vom Angriffskrieg zu hören oder mit den Menschen in Odessa in der Kirche direkt zu sprechen. Die Bewohner sehnen sich nach einem gerechten Frieden. Ihr Widerstand gegen Gewalt und Unterwerfung zeigt sich auch darin, dem Krieg etwas Schönes entgegen zu setzen und Zerstörtes so schnell es geht wieder herzurichten. Wir haben gemeinsam gebetet, dass Gott den Kriegstreibern im Moskauer Kreml ins Handwerk pfuscht und die Angriffe gegen die Ukraine beendet. Die Opfer des Krieges in Odessa hoffen und beten für Frieden. Möge Gott ihre Gebete hören.
Johann Schneider, evangelischer Regionalbischof aus Halle