10.03.2020
Hühnersuppe und Winterreifen
Brauchst Du jemanden, der beim Wechseln der Winterreifen hilft? O ja, denke ich, das hatte sonst immer mein Mann gemacht.
Einige meiner Nachbarn waren in den letzten Monaten für mich Tröster, Engel und Weggefährten. Ohne sie hätte ich die letzten Monate, in denen mein Mann nach schweren Operationen von einem gesunden zu einem hilflosen Menschen wurde, nicht geschafft. Das ist kein Pathos, das ist einfach die Wahrheit. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass Nachbarschaft mit eher belanglosen Gesprächen über den Gartenzaun so an Tiefe gewinnen kann. Dass Blumen vor die Tür gestellt werden und darauf geachtet wird, ob morgens das Licht in meinem Haus angeht. Dass immer wieder nachgefragt wird, wie es meinem Mann jetzt ginge. Dass sie fragen: Sollen wir eine Hühnersuppe rüberbringen?
Und dass wir uns gemeinsam ausmalen, wie schön es sein wird, wenn er irgendwann wieder nach Hause kommt. Ihr schafft das, winken die Engel von gegenüber. Lass es erst Frühling werden!
Gute Nachbarn können Leben retten, wie tägliches Brot Leben rettet. Martin Luther wusste das. Deshalb hat er in seiner Auslegung zur 4. Bitte des Vaterunsers „unser tägliches Brot gib uns heute“ - Freunde und Nachbarn zum täglichen Brot gerechnet. Das gefällt mir sehr!
Und immer, wenn ich abends mit meinem Mann das Vaterunser bete, denke ich auch an meine Nachbarn. Ich danke für den Trost der Hühnersuppe, für das Winken mit ihren Engelsfedern, für das Mehr an Freundlichkeit, dass eine Straße zum Zuhause macht.
Solche sättigenden Nachbarn wünscht Ihnen
Pfarrerin Gabriele Herbst aus Magdeburg.