23.01.2025
Artikel von Memmingen
Im zeitigen Frühjahr vor 500 Jahren, 1525, sitzen in Memmingen, im Allgäu, Bauern zusammen. Vom Hunger getrieben, setzen sie 12 Artikel auf. Es ist die erste Menschenrechtserklärung in Europa.
Die Bauern bestehen auf der Allmende, dem Gemeindeeigentum, was der Allgemeinheit immer gehört hat: die Fische in den Gemeindegewässern, das Wild und Holz aus den Gemeindewäldern, Heu von den Gemeindewiesen. Und Schluss soll sein mit der Willkür bei der Festsetzung der Pacht, bei Frondiensten, zu denen sie gezwungen werden, während das Getreide auf dem Halm verfault. Schluss auch mit den willkürlich verhängten Strafen.
Jede Forderung wird mit der Bibel begründet, mit dem Wort Gottes. Auf das berufen sich die Bauern. Und deshalb wollen sie auch nicht aufrührerisch genannt werden, sondern Gott ergeben, sonst nichts. Diese 12 Artikel machen überall im Land die Runde. Sie werden von Bauernhaufen zu Bauernhaufen weitergereicht, gelesen und vorgelesen. Bisher wurde den Bauern in den Kirchen eingeredet, sie hätten untertänig zu sein. Jetzt rücken ihnen die 12 Artikel das Kreuz Christi dorthin, wo es hingehört, auf ihre Seite – und das macht ihnen das eigene Kreuz gerade.
Und damit ihnen niemand mehr von einer Kanzel einreden kann, es sei eine gottgefällige Ordnung, dass sie immer unten und die Herren selbstverständlich oben sind, lautet der erste Artikel, dass die Bauern ihre Pfarrer selbst wählen wollen. Und wenn sie nichts taugen, wollen sie sie abwählen, zum Teufel schicken können. Knapp gesagt: Keine Gehirnwäsche mehr. Selbst lesen, selbst denken.
Das ist von gestern, aber gilt auch für morgen,
findet Ralf-Uwe Beck, evangelisch und aus Eisenach.