11.10.2023
Feindschaft verweigern
Wir weigern uns, Feinde zu sein, sagt Da'ud Nassar. Er ist Christ. Und Palästinenser. Er beackert ein Stück Land, das schon seine Vorfahren beackert haben. Aber er unter israelischer Besatzung: im Westjordanland. Umgeben von jüdischen Siedlungen.
Er will nicht aufgeben. Aber: Er darf nicht bauen. Also haben sie sich Höhlen hergerichtet und wohnen auch in Zelten. Er darf weder Wasser noch Strom beziehen. Also sammeln sie akribisch jeden Tropfen Regenwasser in Zisternen, bereiten Brauchwasser auf. Und haben Solarpanelen aufgestellt.
Wir weigern uns, Feinde zu sein. Das hat er sich vorgenommen, und es fällt so verdammt schwer.
Da'ud Nassar hat bisher versucht, den Zorn in positive Bahnen zu lenken.
Sie haben ein Freiwilligenprojekt gegründet. Sie laden zur Erntezeit Menschen aus aller Welt, aller Hautfarben und Religionen ein, zu kommen. Die müssen ebenfalls in Höhlen wohnen und Zelten. Sie ernten Oliven und Feigen, Mandeln und Wein. Sie pflanzen Bäume. Für die Umwelt und für die Hoffnung. Viele, viele Menschen waren schon da, gerade Jugendliche.
Wir weigern uns, Feinde zu sein. Das ist das Motto der Farm geworden. Sie wollen ein Zelt für alle Nationen sein, ‚Tent of Nations‘.
Doch nun ist der Krieg wieder mit voller Wucht ausgebrochen. Wird Da'ud Nassar an seinem Grundsatz festhalten können? Vor einiger Zeit hat er noch gesagt:
„Wir sind Christen. Wir glauben, dass eines Tages die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen wird.“
Falls ihm dieser Glaube gerade abhandenkommt, will ich es für ihn glauben. Gehe auf, Sonne der Gerechtigkeit. Werde groß über dem heiligen Land, heiliger Gott.
Ulrike Greim, Weimar, Evangelische Kirche