30.05.2018
Mit Güte beschämen

Sie ist 1963 in der Türkei geboren. In einer traditionellen islamischen Großfamilie. Mit sechs Jahren kommt Seyran Ates mit ihren Eltern nach Berlin. Mit 17 haut sie ab von zu Hause. Die traditionellen Rollenvorstellungen für eine Frau, die enge Moral, machen ihr zu schaffen. Das will sie hinter sich lassen. Sie lebt in WG’s, wird Atomkraftgegnerin, Feministin, studiert Jura und wird Rechtsanwältin.

Sie bleibt gläubige Muslimin. Auch als sie mit 21 Jahren lebensbedrohlich durch einen Schuss verletzt wird. Da übersetzt sie gerade für eine türkische Frau Dokumente des Arbeitsamtes. Ein Mann kommt herein, zieht eine Waffe und schießt. Die junge Türkin stirbt. Sie überlebt.

Seit dem kämpft sie gegen Zwangsheirat und Ehrenmorde, gegen das Kopftuch und die Unterdrückung der Frau. Und hat 2014 in Berlin eine liberale Moschee gegründet, in der Frauen und Männer gleichberechtigt nebeneinander beten, miteinander diskutieren. Einen Raum dafür hat ihr eine evangelische Gemeinde zur Verfügung gestellt, ein schönes Zeichen!

Für ihren Mut erhält sie Hassbotschaften, Männer schicken ihr schamlose Nachrichten, auch Frauen beschimpfen sie.

Von all dem hat sie bei einem Vortrag in Erfurt erzählt. Und sie hat ihren Vater zitiert. Mit einem Satz, der ihr Leben geprägt hat: „Beschäme diejenigen, die schlecht zu dir sind, mit deiner Güte.“ Ein starker Satz. Güte, nicht Gewalt, Durchhalten, nicht zurückschlagen. Entschlossen und klar erzählt sie davon und überzeugt mich. So kann sich wirklich etwas zum Guten verändern, auch wenn’s nicht leicht wird.

Schlafen Sie gut. Das wünscht Ihnen Pfarrerin Dorothee Land, evangelisch und aus Erfurt.


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