PM 158 | 05.11.2013
Evangelische Kirchengemeinden erinnern an Pogromnacht und Grenzöffnung

In Weimar läuten alle Kirchenglocken
Superintendent Herbst: Einsatz gegen Rechtsextremismus ist wichtig

Kirchengemeinden der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) erinnern rund um den 9. November an die Pogromnacht im Jahr 1938 sowie an die Grenzöffnung im Jahr 1989. Friedensgebete, Gottesdienste, Gedenkfeiern, Konzerte, Vorträge und Aktionen sind geplant. So läuten am Abend des 9. Novembers zum Gedenken an die Pogromnacht vor 75 Jahren alle Kirchenglocken in Weimar. Regionalbischof Christian Stawenow nimmt mit Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht an einer Gedenk-Aktion in Eisenach teil.

Die Evangelische Kirchengemeinde Weimar beteiligt sich am Abend des 9. Novembers an der Aktion „Weimar klingt!" – zur Erinnerung an die vor 75 Jahren Verfemten, Verfolgten und Ermordeten, und zugleich als Zeichen für Toleranz, Vielfalt und Weltoffenheit im Weimar von heute. Bei der Klanginstallation in der Stadt sollen unter anderem von 19.30 bis 19.45 Uhr alle Glocken läuten. Die Friedensglocken auf dem Turm der Herderkirche ertönen von 19.30 bis 19.35 Uhr mit der Herder- und der Bachglocke. 19.35 Uhr bis 19.40 Uhr erklingt das volle Geläut. Zum Abschluss läutet fünf Minuten die Lutherglocke als mahnende Ewigkeitsglocke.

Superintendent Henrich Herbst erinnert die Weimarer Christen in einem Aufruf daran, dass in der Pogromnacht von 1938 auch in ihrer Stadt Übergriffe auf jüdische Mitbürger erfolgten. „So zogen zum Beispiel die Nazis direkt neben der Herderkirche Frau Hetemann aus ihrem Haus, misshandelten sie und zerstörten ihren Laden.“ Herbst: „Als damals zahllose Übergriffe auf jüdische Mitmenschen geschahen, haben zu viele geschwiegen. Außerdem wollen wir Anlass geben zum Nachdenken und zum Gespräch darüber, wo heute unser Einsatz gegen Rechtsextremismus nötig ist. Ich bitte Sie, beteiligen Sie sich an diesem Projekt. Bitte nutzen Sie das Geläut der Glocken für eine Andacht und ein Gebet.“

Evangelische Christen beteiligen sich an den Aktionen innerhalb des Projektes „80vontausend - Mehr Demokratie tragen!“ am 9. November in Eisenach. Propst Dr. Christian Stawenow vertritt die EKM beim Ökumenischen Gedenken am Synagogenplatz (14 Uhr). Anschließend ist ein Gedenkweg von der ehemaligen Synagoge zum Bahnhof geplant. Um 15 Uhr erfolgt ein musikalisches Innehalten an der Gedenktafel für die Deportation der Juden in der Bahnhofshalle. Der Gedenkweg führt dann weiter zum Theaterplatz; dort sind Lesungen, Informationsstände und ein Audioprojekt geplant.

Innerhalb der Jüdisch-Israelischen Kulturtage wird in Gera am 8. November zu einer literarischen Reise mit Uwe von Seltmann nach Galizien und in die Bukowina unter dem Motto „Das Land, in dem Menschen und Bücher leben“ eingeladen (19 Uhr, Stadtmuseum). Zum Gedenken an die Pogromnacht findet traditionell am 9. November ein ökumenischer Erinnerungsgottesdienst in der Trinitatiskirche statt (10 Uhr). Im Anschluss folgt das Gedenken vor dem Denkmal der einstigen Synagoge (Schülerstraße). Das Trio Oytref und Oskar Ansul sorgen am 16. November (19 Uhr, Trinitatiskirche) für eine literarisch-musikalische Reise von der Alten in die Neue Welt. Zum Programm gehören Texte von Joseph Roth und Hermann Grab sowie Musik zwischen Klezmer, Klassik und Klang.

In Themar wird am 9. November traditionell der ehemaligen jüdischen Mitbewohner gedacht. Die Ehrenbürgerin der Stadt, Sharon Meen, hält einen Vortrag über die Ereignisse in der Pogromnacht vor 75 Jahren. Der Akkordeonist Kevin Sauer aus Gellershausen umrahmt die Veranstaltung musikalisch.

In Mühlhausen beginnt am 9. November um 18 Uhr auf dem jüdischen Friedhof ein Erinnerungsgang durch die Stadt. Am Kristanplatz werden die Namen der damaligen jüdischen Opfer verlesen, an der Mühlhäuser Synagoge endet die Veranstaltung. „Etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland beteiligten sich an der Pogromnacht“, erinnern die Organisatoren.

Zur Erinnerung an die „Reichskristallnacht“ erfolgt am 9. November in Jena eine Gedenkstunde mit Kranzniederlegung (18 Uhr, Westbahnhof). Am Abend folgt ein Konzert mit dem Duo Roswitha Dasch und Ulrich Raue (19.30 Uhr, Rathausdiele). Unter dem Moto „Es iz geven a Zumertog“ wird die Geschichte des Wilnaer Ghettos im Spiegel seiner Lieder dargeboten.

Dem 9. November 1989 ist ein Workshop für Jugendliche in Erfurt am 8. und 9. November gewidmet. Unter dem Motto „Erfurt – Orte des Friedens“ wird zum Geocaching und der Diskussion über Zeitgeschichte eingeladen.

Hintergrund:
Am 9. November 1938 hatten die Nationalsozialisten in Deutschland in der sogenannten „Reichskristallnacht“ Synagogen, Wohn- und Kaufhäuser niedergebrannt sowie Menschen erniedrigt, verhaftet und ermordet. Der 9. November 1989 ist für den „Fall der Berliner Mauer“ bekannt: Nachdem SED-Politbüromitglied Schabowski auf einer im DDR-Fernsehen übertragenen Pressekonferenz die Gewährung von Reisefreiheit bekanntgegeben hatte, öffneten sich für die DDR-Bürger die innerdeutschen Grenzen.

Ausgewählte Termine im Überblick:

8. November, 16 Uhr, und 9. November, 11 Uhr, Erfurt, Offene Arbeit, Allerheiligenstraße 9
„Erfurt - Orte des Friedens“ - Workshop für Jugendliche zum 9. November 1989 mit Geocaching
Bei Rückfragen: Offene Arbeit Erfurt, 0361-6422661

Jüdisch-Israelische Kulturtage 2013:
8. November, 19 Uhr, Gera, Stadtmuseum
„Das Land, in dem Menschen und Bücher leben“ – Literarische Reise nach Galizien und in die Bukowina mit Uwe von Seltmann
16. November, 19 Uhr, Gera, Trinitatiskirche
Literarisch-musikalische Reise mit dem Trio Oytref + Oskar Ansul von der Alten in die Neue Welt mit Texten von Joseph Roth und Hermann Grab, mit Musik zwischen Klezmer, Klassik & Klang
Bei Rückfragen: Michael Kleim, 0365) 26843

9. November, Weimar, 19.30 bis 19.45 Uhr
Alle Kirchenglocken läuten innerhalb der Aktion „Weimar klingt!"
Bei Rückfragen: Kirchenkreis, 03643-804473

9. November, Jena
18 Uhr, Westbahnhof
Gedenkstunde zum "Reichskristallnacht“-Gedenken mit Kranzniederlegung, Ansprache: Dr. Mathias Mieth
19.30 Uhr, Rathausdiele
Konzert mit dem Duo Roswitha Dasch und Ulrich Raue: „Es iz geven a Zumertog“ - Die Geschichte des Wilnaer Ghettos im Spiegel seiner Lieder
Bei Rückfragen: Ralf Kleist, 0173-3768229

9. November, Eisenach
14 Uhr, Synagogenplatz in der Karl-Marx-Straße
Ökumenisches Gedenken mit Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, Oberbürgermeisterin Katja Wolf, Monsignore Heinz Gunkel, Regionalbischof Propst Dr.Christian Stawenow und Schülern der Goetheschule
14.30 Uhr
Gedenkweg von der ehemaligen Synagoge zum Bahnhof
15 Uhr, Gedenktafel in der Bahnhofshalle
Musikalisches Gedenken
15.15 Uhr
Gedenkweg zum Theaterplatz
15.30 Uhr, Theater
Veranstaltungen am und im Theater, u.a. Lesungen, Informationsstände und Audioprojekt
Bei Rückfragen: Kirchenkreis Eisenach, 03691-203432

9. November, 18 Uhr, Farnroda, Kirche
Gottesdienst zum Gedenken an die Pogromnacht
Bei Rückfragen: Gesine Staemmler, 036921-96449

9. November, 18 Uhr, Mühlhausen, Jüdischer Friedhof
Beginn für Erinnerungsgang durch die Stadt, am Kristanplatz werden Namen der damaligen jüdischen Opfer verlesen, an der Mühlhäuser Synagoge endet die Veranstaltung
Bei Rückfragen: Teja Begrich, 03601-405715

9. November, 19.30 Uhr, Themar, Amtshaus am Schuhmarkt
Gedenken der ehemaligen jüdischen Mitbewohner: Vortrag der Ehrenbürgerin der Stadt, Sharon Meen, über die Ereignisse in der Pogromnacht vor 75 Jahren, der Akkordeonist Kevin Sauer umrahmt musikalisch
Bei Rückfragen: Arnd und Barbara Morgenroth, 036873-68647

RÜCKFRAGEN

Susanne Sobko, 0162-2048755

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