PM 182 | 04.12.2006
Bischof und Kirchenpraesident stellen Wittenberger Erklaerung vor

„Kirchen müssen stärker zur Bekämpfung der Armut beitragen“

Die Kirchen müssen einen größeren Beitrag zur Bekämpfung der Armut in Europa leisten. Dies ist eine der Forderungen der „Wittenberger Erklärung“, die am heutigen Montag in Magdeburg vorgestellt worden ist. Axel Noack, Bischof der Kirchenprovinz Sachsen, und Helge Klassohn, Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts, präsentierten das dreiseitige Impulspapier, das auf der Tagung „Gerechtigkeit ist mehr“ vom 24. bis 26. November in der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Lutherstadt Wittenberg verfasst worden war. An der Tagung hatten auch von Armut und Arbeitslosigkeit Betroffene teilgenommen. Von entscheidender Bedeutung sei, dass sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene ein breiter Konsultationsprozess zu Armut und Reichtum initiiert werde, an dem arme und sozial ausgegrenzte Menschen aktiv und gleichberechtigt mitwirken könnten, heißt es in dem Papier.

Mit Blick auf die Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) „Gerechte Teilhabe“ vom Juli 2006 empfiehlt die „Wittenberger Erklärung“ unter anderem, auch nach Reichtum und Macht von Kirche zu fragen und „Modelle des Ausgleichs zwischen armen und reichen Gemeindegliedern und Gemeinden zu erproben“.

Die „Wittenberger Erklärung“ begrüßt, dass „der Rat der EKD mit seiner Denkschrift ‚Gerechte Teilhabe’ und die Synode der EKD mit ihrer Kundgebung ‚Gerechtigkeit erhöht ein Volk’ zu Fragen von Armut, Reichtum und Gerechtigkeit Stellung bezogen haben“. Die Denkschrift mache auch deutlich, dass Reichtum mehr sei als die Verfügung über materielle Ressourcen, sie führe unterschiedliche Gerechtigkeitsbegriffe zusammen und setze sich intensiv mit bildungspolitischen Fragen auseinander. Dagegen wird in der „Wittenberger Erklärung“ unter anderem kritisiert, dass die EKD-Denkschrift sich nicht ausreichend mit der Entstehung und Verfestigung von Reichtum und Armut befasse, mit den Möglichkeiten, in Zukunft Vollbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen oder mit der besonderen sozialen Verantwortung international agierender Unternehmen.

Die „Wittenberger Erklärung“ regt an, „dass die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung 2007 zu einem europäischen kirchlichen Konsultationsprozess zu Armut, Reichtum und Gerechtigkeit aufruft“. In dessen Verlauf solle die Verantwortung von Reichtum zum Thema gemacht werden. Hierbei sei von einem breiten Reichtumsbegriff auszugehen, der nicht auf monetäre Dimensionen begrenzt sei. „Weiter ist wichtig, dass globale Aspekte (weltwirtschaftliche Strukturen, zwischenstaatliche Beziehungen und Entwicklungszusammenarbeit) berücksichtigt werden“, so die Wittenberger Erklärung.

Ergebnisse der Tagung „Gerechtigkeit ist mehr“ in Lutherstadt Wittenberg waren neben der „Wittenberger Erklärung“ ein Brief der Evangelischen Akademie an Rat und Synode der EKD im Namen aller Tagungsveranstalter sowie ein Brief von Kirchenpräsident Klassohn und Bischof Noack an die Konferenz Europäischer Kirchen und den Rat der Europäischen Bischofskonferenzen.

Wortlaut der „Wittenberger Erklärung“:
Der vollständige Text der "Wittenberger Erklärung" sowie die Briefe an die Konferenz Europäischer Kirchen und den Rat der Europäischen Bischofskonferenzen sind im Internet unter www.ekmd-online.de eingestellt (Pfad: Aktuell & Presse > Pressematerial > Wittenberger Erklärung).

Hintergrund – Wittenberger Tagung „Gerechtigkeit ist mehr“
An der Erarbeitung der „Wittenberger Erklärung“ waren auch Tagungs-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer beteiligt, die unmittelbar von Armut betroffen sind. Im Mittelpunkt der Versammlung stand die Auseinandersetzung mit der Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) „Gerechte Teilhabe“ vom Juli 2006 und der Kundgebung der EKD-Synode „Gerechtigkeit erhöht ein Volk“ vom November 2006. Dabei spielte die Frage eine Rolle, was Hartz-IV-Empfänger oder Arbeitslose – Betroffene – von Texten, die Intellektuelle und Wissenschaftler – Privilegierte – über das Thema Armut schreiben, denken. Anlass für die Tagung ist die 3. Europäische Ökumenische Versammlung, die im September 2007 in Sibiu (Rumänien) stattfindet. Die „Wittenberger Erklärung“ soll an die Konferenz Europäischer Kirchen und den Rat der Europäischen Bischofskonferenzen weitergegeben werden und Anstöße liefern zu einer breiten Auseinandersetzung in den Kirchen Europas über Armut und Reichtum.

Veranstalter der Tagung „Gerechtigkeit ist mehr“ waren die Kirchenprovinz Sachsen, die Evangelische Landeskirche Anhalts, das Diakonische Werk Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland, die Gemeinsame Arbeitsstelle Millenniumsentwicklungsziele und Armutsbekämpfung des Evangelischen Entwicklungsdienstes und der Aktion „Brot für die Welt“, die Werkstatt Ökonomie und die Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt.

Fragen beantwortet: Jörg Göpfert, Studienleiter an der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Lutherstadt Wittenberg, 03491/498841 oder 030/3046678.

Magdeburg und Dessau – 4. Dezember 2006


Bleiben Sie mit unseren Newslettern auf dem Laufenden.

Hier Abonnieren

Die besten News per E-Mail - 1x pro Monat - Jederzeit kündbar